Kultur pur in der Toskana |
Die Verbindung von Stadtbesichtigungen mit Fahrten durch liebliche Landschaft einerseits sowie das Erleben von Musik und Technik andererseits hat sich schon im Vorjahr als äußerst erfolgreich erwiesen. Die Begeisterung meiner Vorjahresgäste hat mich bewogen, das Reiseprogramm praktisch gleich zu lassen, als Oper habe ich für heuer ‚Madame Butterfly’ auserkoren.
So machen wir uns also am 16. August
2oo6 von Oberösterreich aus über Innsbruck, wo noch vier Gäste
zusteigen, auf den Weg in die Region, die einstmals Zentrum
europäischer Kunst und Kultur gewesen ist. Während des Durchfahrens
einer Regenfront im Trentino zeige ich den Gästen einen Film über
Pisa als Vorgeschmack dessen, was wir kunsthistorisch in dieser
Stadt zu erwarten haben. Am frühen Abend erreichen wir unser
Standorthotel in Montecatini Terme.
Schon am nächsten Morgen ist Vinci
unser Ziel, wo wir im ‚Museo Leonardiano di Vinci’ tief in die Welt
Leonardos eintauchen. Besonders die Modelle, angefertigt anhand von
Skizzen, erregen besondere Aufmerksamkeit. Als Drüberstreuer zeige
ich den Gästen noch das nahegelegene Geburtshaus des
Universalgenies, wo sie sich zum obligaten Gruppenbild versammeln.
Nach Besorgung der reservierten Eintrittskarten für die abendliche Freiluftaufführung in Torre del Lago Puccini unternehmen wir eine gemütliche Fahrt entlang der Küste. Natürlich darf dabei ein Aufenthalt im Hafen von Viareggio nicht fehlen, den wir Landratten genauso genießen wie dann auf dem Massaciuccolisee eine stimmungsvolle Schiffahrt
Vor der Aufführung bleibt noch Zeit
zum Abendessen und zum Bummeln am Seeufer, wobei das Monument des
Hundes ‚Pippo’ für die Photographen genauso einen besonderen
Anziehungspunkt darstellt wie die Pferde der berittenen Polizei
beliebte Motive sind. Es gehört einfach für mich zu einer
Kulturreise, auch angeblich Nebensächliches genauso mit allen Sinnen
aufzunehmen und zu vermitteln wie die sogenannten Hauptpunkte,
deretwegen so manch ein Gast eine Reise bucht. „Trink o Auge, was
die Wimper hält…“.
Und
dann die Freude auf die Freiluftaufführung von Puccinis ‚Madame
Butterfly’. Immer wieder wenden sich die Blicke der Zuschauer ab von
der Bühne und empor zum Himmel, da bereits seit späterem Nachmittag
Regenwolken über das Firmament ziehen. Doch der gesamte erste Akt
kann ungestört genossen werden, donnernder Applaus leitet in die
Pause über.
Aber dann die ersten Regentropfen;
die Musiker packen rasch ihre Instrumente ein, die Dekoration wird
abgedeckt. Nun beginnt das Warten – wird nur unterbrochen oder muß
gar abgebrochen werden? Immer wieder Lautsprecherdurchsagen, die zum
Warten auffordern. Gegen Mitternacht scheint das Warten doch belohnt
zu werden, das Orchester bezieht seinen Platz, die Bühne wird wieder
frei gemacht. Aber schon ein paar Minuten später, als die tapfer
ausharrenden Zuhörer sich schon auf die Fortsetzung der Aufführung
freuen, ein Regenguß, der nicht mehr aufhören will. Aus dem
Lautsprecher tönt ein trauriges ‚Buona notte!’, womit die Aufführung
endgültig abgebrochen ist. Schade – aber damit muß eben der Besucher
einer Freiluftaufführung sogar im Süden rechnen; auch die vielen
japanischen Besucherinnen, in ihren Kimonos prächtig anzusehen, sind
zwar sicher genauso enttäuscht, lassen sich aber nichts anmerken.
Was aber bis zum Einsetzen des Regens geboten worden ist, hat zum
Feinsten gehört.
Am nächsten Morgen ist Ausschlafen angesagt, doch dann lacht wieder die Sonne als ob uns in Torre del Lago Puccini nur ein böser Traum genarrt hätte. Beim Spaziergang zur Talstation der Standseilbahn Blicke in die prächtig ausgestatteten Thermen und dann hinauf nach Montecatini Alto. Einerseits die wunderbare Aussicht ins Tal, andererseits der ansteigende Hauptplatz mit seinen vielen Straßencafès. In der Kirche ‚Pieve di San Pietro’ dann ein ganz seltenes Erlebnis: eine Krippe im Zeitraffer des Tagesablaufes. Jetzt hell beleuchtet im Sonnenschein, dann die Dämmerung, der die Mondnacht folgt, schließlich leitet der anbrechende Tag wieder zur gleißenden Helligkeit über. Hätte Johann Wolfgang von Goethe unser Erlebnis gehabt, er hätte möglicherweise den ‚Prolog im Himmel’ auf diese Krippe bezogen: „Es wechselt Paradieses Helle mit tiefer, schauervoller Nacht…“.
Am Nachmittag dann ein weiteres Gustostückerl der Toskana: Pisa, nicht nur in seinem wohl wichtigsten Teil bei einem Rundgang von Anna, einer Kunsthistorikerin, erklärt. Eine wahre Freude, dieser jungen Dame zuzuhören und ihr jedes Wort von den Lippen abzulesen. Geschichte und Gegenwart sind auf einmal vor uns lebendig und können mit Leichtigkeit nachvollzogen werden. Im romanischen Dom etwa begeistert sie uns für die phantastische Renaissance-Kassettendecke.
Vom ‚Platz der Wunder’ führt uns Anna durch Gassen und Gäßchen mit malerischen Häusern auch dorthin, wo die Masse der Besucher gar nicht hin kommt oder hin will. Kirchen und Paläste tauchen auf, besonders beeindruckend ist die Eliteschule mit dem vor ihr befindlichen Denkmal Cosimo I.
Aber zurück geht es noch einmal ins Getümmel am ‚Platz der Wunder’ mit ihren drei markanten Gebäuden, dem Dom, der Taufkirche und dem Schiefen Turm. Wir besichtigen aber auch die vierte dortige Sehenswürdigkeit, den Friedhof mit seinen wunderbaren Fresken in den Hallen.
Nur schwer können wir uns von Pisa
mit seinen noch in der Nachmittagssonne leuchtenden Gebäuden
trennen, doch steht am nächsten Vormittag – wieder mit Anna – ein
weiterer Hochgenuß bevor: Lucca, die Geburtsstadt von Giacomo
Puccini.
Die Begeisterung von Anna steckt uns an, wir ziehen mit ihr durch die engen Gassen, vorbei an Kirchen und hinein in Kirchen, kreuz und quer. Natürlich ist der ovale Marktplatz eine der Stationen, denn hier zeigt sich deutlich die römische Vergangenheit der Stadt. Dereinst stand hier das römische Amphitheater; wo rund um das Oval die Häuser gebaut sind, haben sich einst die Zuschauerränge befunden. Die Durchgänge durch die Häuser sind die Ein- und Ausgänge gewesen. Und wir kommen auch zum ältesten Kaffeehaus der Stadt, in dem Giacomo Puccini täglich seine 8o Zigaretten geraucht haben soll. Die Jugendstileinrichtung ist noch so zu bewundern wie zur Zeit des Meisters.
Was wäre aber ein Besuch von Lucca ohne einen Bummel auf dem Wall, auf dem man nach wie vor die Altstadt umrunden kann, oder ohne den Aufstieg auf den von Steineichen gekrönten Turm des Palazzo Guinigi, der den besten Überblick über die rote Dachlandschaft der Stadt bietet?
Nach einem kleinen Mittagessen und der Verabschiedung von Anna, die uns nach Pisa auch das Verständnis für die Besonderheiten Luccas vermittelt hat, geht es weiter, doch ist kein anstrengendes Programm mehr zu bewältigen. Auf der Landstraße fahren wir durch kleine Dörfer und eine liebliche Landschaft bis Collodi, wo uns vorerst der Pinocchio-Park in seinen Bann zieht. Abenteuer aus dem Leben der hölzernen Puppe gilt es nachzuvollziehen, die Metallfiguren wollen besichtigt werden. Für ‚kleine und große Kinder’ ein ungeheurer Spaß.
Aber dann mehr für uns ‚große Kinder’ der Besuch des terrassenförmig angelegten Barockgartens der Villa Garzoni. Typisch barocke Gartengestaltung mit Wasserspielen und Blumenbeeten, mit Grotten und Teichen. Und als Besonderheit: die schwarzen Schwäne. Ein Vergleich zur Isola Bella im Lago Maggiore drängt sich auf: dort kann ich meinen Gästen die weißen Pfaue zeigen, hier die schwarzen Schwäne.
Noch am Nachmittag geht es die kurze Strecke zum Hotel zurück – durch die zentrale Lage des Hotels sind keine langen Anfahrtsstrecken nötig gewesen -, wollen wir doch noch das Schwimmbad auf der Dachterrasse des Hotels nützen, Koffer packen, Karten schreiben oder einfach faulenzen. Die Heimreise verläuft auf der bereits bekannten Strecke, unterbrochen durch ein ausgezeichnetes Mittagessen in Sterzing, an das sich noch ein kleiner Stadtbummel anschließt. Die fünf Tage haben zwar jedem Reisegast gehäuft Erlebnisse und viele Eindrücke gebracht, doch ist alles im Rahmen der Gemütlichkeit geblieben. Auf der Heimfahrt flammen vor unserem geistigen Auge noch Bilder von Erlebtem auf, so auch vom Barockgarten der Villa Garzoni.
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