Die "Goldene Stadt" in der Vorweihnachtszeit    

 

Die Stadt an der Moldau übt zu jeder Jahreszeit einen besonderen Reiz aus – warum sollte ich nicht wiedereinmal knapp vor Weihnachten die böhmische Hauptstadt meinen Gästen zeigen? Am frühen Morgen des Maria-Empfängnis-Tages sind wir von Innsbruck aufgebrochen, die Busfahrt ist rund um München und durch die Holledau, das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt, gegangen.

Da ich unterwegs die Gäste auf einen Kurzbesuch in Regensburg eingestimmt habe, ist das Auftauchen der 1o5 m hohen Doppeltürme des Regensburger Doms, des Hauptwerks der Gotik in Bayern, schon mit Spannung erwartet worden. Mit unserem Bus haben wir ganz nahe an die älteste Regensburger Donau-Brücke, die Steinerne Brücke, heranfahren können, die wir zu Fuß gemeinsam überquert haben. Auf dieses architektonisch einmalige Brückenbauwerk haben wir dann von der Historischen Wurstküche den besten Blick gehabt, nachdem wir noch die dort aufgemalten und irgendwie beklemmenden Hochwassermarken inspizieren konnten. Aber dann auf zum Dom, dessen wunderbare Buntglasfenster einen tiefen Eindruck hinterlassen haben. Der anschließende Rundgang durch den Weihnachtsmarkt sollte die vorweihnachtliche Stimmung noch vertiefen, bevor es wieder weiterging. Zum Mittagessen in einem vorzüglichen Landgasthof in Wernberg-Köblitz hatte ich meine Gruppe angemeldet gehabt; die oberpfälzische Küche hat allen gemundet.

Unglaublich schnell dann das Passieren der bayerisch-böhmischen Grenze, worauf dann bis auf ein Stück bei Pilsen, wo der Autobahnbau noch nicht fertiggestellt ist, die Fahrt rasch vorangegangen ist. Das unserem Fahrer Michi und mir vom Vorjahr bereits bekannte Hotel in Prag haben wir somit bereits am späteren Nachmittag erreicht, die mir seit Jahren bekannte Stadtführerin Libuse hat uns schon erwartet. So konnten wir den Ablauf der beiden weiteren Tage in Prag mit den abendlichen Theater- bzw. Konzertbesuchen noch besprechen. Am Abend haben wir uns zum kalten und warmen Buffet bei Kerzenlicht wieder getroffen. Bei angeregten Gesprächen und mährischem Rotwein hat der Tag noch ziemlich lange gedauert.

Am nächsten Vormittag dann mit Libuse der erste Teil der Stadtbesichtigung mit Beginn auf der Kleinseite, diesem Prager Stadtteil am linken Moldauufer. Erste Höhepunkte in dieser an schönen historischen Bauwerken so unglaublich reichen Stadt die größte und die älteste Barockkirche Prags: Die Nikolauskirche und die Kirche Maria vom Siege (mit dem Prager Jesuskind).
 


 

Nach einem Blick auf ‚Klein-Venedig’ der Gang über die Karlsbrücke mit ihrer ‚Statuenallee’ – zu den Sandsteinskulpturen von Heiligen gesellt sich die Bronzeplastik des hl. Johannes von Nepomuk, des ‚Brückenheiligen’. Heute nicht mehr vorstellbar, aber vor ein paar Jahrzehnten ist noch die Straßenbahn über diese Brücke gefahren, die nunmehr von Malern und Andenkenhändlern in Beschlag genommen wird, zwischen denen sich der nicht abreißende Strom der Touristen einen Weg bahnt. Auf der Altstädter Seite dann mit dem Hradschin im Hintergrund und gleichsam unter den Augen Kaiser Karls IV., des Gründers der ersten deutschen Universität, hat sich meine Gruppe zum ersten Gemeinschaftsbild aufgestellt.
 


 

Und jetzt heißt es rasch weitergehen, müssen wir doch pünktlich zur vollen Stunde am Altstädter Ring sein, um den Apostelumzug auf der Astronomischen Uhr des Rathausturmes zu bewundern. Doch Minute um Minute vergeht, nichts bewegt sich. Zum ersten Mal auf meinen vielen Prag-Besuchen muß ich erleben, daß den hunderten versammelten Touristen das Schauspiel nicht geboten wird: Die Fenster öffnen sich nicht, Christus und die zwölf Apostel ziehen nicht vorbei. Also weiter zum Wenzelsplatz und dann wieder zurück zum Altstädter Ring und hinein in die Josefstadt, ins ehemalige Ghetto. Interessante Details aus diesem Stadtviertel weiß Libuse zu erzählen.

Da wir bis auf eine kurze Pause bereits dreieinhalb Stunden zu Fuß unterwegs sind, freuen wir uns auf die Schiffahrt auf der Moldau. Allein für meine Gruppe habe ich ein Schiff für die zweistündige Fahrt bekommen, wobei wir uns alle zuerst am Buffet delektieren. Mit vielen uns bekannten Weisen aus den Alpenländern, aber auch mit Musik aus seiner böhmischen Heimat erfreut uns ein Harmonikaspieler, unsere Stadtführerin erklärt uns Prag aus der Sicht des Moldauschiffers. Zweimal passieren wir die Schleusenanlage bei der flußaufwärts führenden Fahrt, zweimal fahren wir unter der Karlsbrücke hindurch. Auch für die Gäste, die bereits zuvor einmal in Prag gewesen sind, wieder ein unvergeßliches und teilweise auch neues Erlebnis.


 

Auch wenn der Nachmittag zur freien Verfügung steht, so schließen sich mir doch etliche Gäste zu einem gemütlichen Stadtbummel an, bei welchem insbesondere die Weihnachtsmärkte am Altstädter Ring und am Wenzelsplatz angesteuert werden. Für viele heißt es dann Umziehen im Hotel, locken doch Theater oder Konzertsaal. Zum ersten Mal habe ich in Prag eine Karte für das ‚Schwarze Theater’ bekommen; die Aufführung, die von Akrobatik, Tanz, Pantomime, Musik und Spaß beherrscht wird, begeistert das internationale Publikum. Und anschließend noch von einem Kaffeehaus am Altstädter Ring aus ein ganz unerwartetes Erlebnis: Die Astronomische Uhr funktioniert wieder! Allerdings habe ich nicht in Erfahrung bringen können, weshalb die Apostel am Vormittag ‚gestreikt’ haben.

Am zweiten Vormittag in Prag vorerst eine ausgedehnte Rundfahrt mit dem Bus, dann aber hinauf zur Burgstadt. Vorbei am Wallfahrtsheiligtum Loreto, am Palais Schwarzenberg und am Erzbischöflichen Palais zur Burg, wobei das Schauspiel der stündlichen Wachablöse auch hier hunderte Touristen aus aller Herren Länder angelockt hat. Und dann der Veitsdom in all seiner Pracht.

Ein ganzer Tag hätte in dieser Kathedrale verbracht werden können, so interessant hat uns doch unsere Führerin die Kunstschätze zu erklären verstanden wie etwa die aus 4o.ooo Einzelgläsern zusammengesetzte Fensterrose mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts oder das prunkvolle silberne Hochgrab des hl. Johannes von Nepomuk. Im Freien nahe dem Südportal die zur Adventzeit aufgestellte Strohkrippe.

Doch die Besichtigung der Burgstadt sollte mit dem Inneren des Königspalastes noch einen weiteren Höhepunkt erleben. Bevor wir aus dem Fenster, das dem zweiten Prager Fenstersturz ‚gedient’ gehabt hatte, einen Blick über die Stadt werfen konnten, das Staunen über die gewaltigen Ausmaße des 62 m langen, 16 m breiten und 13 m hohen gotischen Vladislav-Saals, in dem seinerzeit die böhmischen Könige gewählt worden sind und in dem sogar Reitturniere stattgefunden haben.

Nach diesen Eindrücken eine gemütliche Kaffeepause dort, wo auch Václav Havel gesessen ist. Und weiter in das Goldene Gäßchen mit seinen kleinen Häuschen, wobei natürlich auch über Franz Kafka erzählt worden ist. Aber dann hinunter zur Moldau und in ein gemütliches Restaurant zum wohlverdienten Mittagessen. Nach der Stärkung ist ein abschließender Stadtbummel angesagt gewesen, der am Abend in dem einen oder anderen Restaurant mit typisch böhmischer Küche geendet hat.

Am letzten Morgen hieß es dann etwas früher aufstehen, standen auf der doch längeren Heimfahrt noch Besichtigungen auf dem Programm. Der Aufenthalt in Krumau hat uns verstehen lassen, weshalb diese in einer Moldauschlinge gelegene südböhmische Kleinstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden ist. Die zweitgrößte böhmische Burganlage mit dem charakteristischen runden Turm und der Schloßbrücke mit den drei aufeinander gestellten Bogengängen, die liebliche Altstadt mit ihren vielen Sgraffitohäusern und die Geschäfte mit Weihnachtsschmuck haben zu Recht ihre Anziehungskraft ausgeübt.

Ohne Schwierigkeit dann der Grenzübertritt nach Oberösterreich, wobei dann das Mittagessen in Kefermarkt bestens gemundet hat. Die Besichtigung der Wallfahrtskirche St. Wolfgang ist absolute Pflicht gewesen. Der gotische Schnitzaltar, der den ganzen Chor der Kirche ausfüllt, hat nämlich aus kunsthistorischer Sicht die Erlebnisse dieser interessanten Fahrt abgerundet.

Über Salzburg und Lofer ist es zurück in die Heimat gegangen, wobei ich – so wie auf der Hinreise - noch einen Film über Prag gezeigt habe. An den jeweiligen Ausgangspunkten dieser schönen Reise haben mich dann meine Gäste verlassen, voll mit Erinnerungen an eine zwar nur kurze, dafür aber erlebnisreiche und trotzdem nicht anstrengende Reise.