Prag in der Vorweihnachtszeit

    

Bereits das vierte Mal hintereinander fahre ich in der Vorweihnachtszeit in die „Goldene Stadt“ – es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, die böhmische Hauptstadt mit ihren geschmückten Straßen, den angestrahlten Gebäuden, ihren Weihnachtsmärkten und natürlich auch mit dem bis in den späten Abend lebhaften Kreuzen der Ausflugsschiffe auf der Moldau zu erleben. Und wenn dann noch ein vorzügliches ****Hotel alle Annehmlichkeiten bietet und meine Stadtführerin und ich den Wissensdurst der Gäste stillen können, dann sind alle Erwartungen erfüllt, der Erholungswert für Körper und Geist ist voll gegeben. Und trotzdem ist durch höhere Gewalt eine Panne eingetreten, die auch die beste Planung nicht ausschließen kann.

Wir sind auf der dreispurigen Autobahn nördlich von München und vom Autobahndreieck Holledau noch weit entfernt, als wir plötzlich in einem Stau stecken, der weder vom Verkehrfunk noch vom GPS angezeigt worden ist. Nichts geht mehr! Da schauen wir uns vorerst den Film über Prag fertig an, den ich zuvor bereits gestartet habe. Und da wir bereits links und rechts Hopfenstangen sehen, kann ich über das Bier im allgemeinen, über Bayern als Wein- und Bierland im besonderen und auch über das Reinheitsgebot plaudern, wobei die Jahreszahl 1516 einen – natürlich rein zufälligen! – Bezug zur Entstehung des Begriffes „Ghetto“ ergibt. Im Hinblick auf den Besuch des ehemaligen Prager Ghettos ein wichtiges historisches Thema. Durch die stundenlange Verzögerung – wir werden dann von der Polizei auf die Richtung Regensburg führende Autobahn abgeleitet – ist der von mir geplante Besuch der so interessanten Hauptstadt des Regierungsbezirks Oberpfalz zeitlich nicht mehr möglich. Schade!

Aber noch in der Oberpfalz können wir zu Mittag essen; im Landgasthof Burkhard in Wernberg-Köblitz ganz nahe der Autobahn habe ich für unsere Gruppe reservieren lassen. Jeder kommt bei dem Gebotenen auf seine Rechnung. Dann aber kann uns nichts mehr halten. Auch wenn wir die Verspätung nicht mehr einholen können, so erreichen wir doch noch am späten Nachmittag Prag und nach Durchqueren fast der ganzen Stadt unser mir bereits von früheren Reisen bekanntes Hotel in der Weinbergstraße.
 


 

Die Formalitäten sind rasch erledigt, wir treffen uns dann wieder zum festlichen Abendessen in Form eines Buffets. Vorspeisen, Suppen, Hauptgerichte und Nachspeisen werden  überreich und ganz vorzüglich geboten, in kleineren und größeren Gruppen sitzen wir dann noch gemütlich beisammen.
 


 


 

Aufgrund der verkehrsmäßig günstigen Lage des Hotels fahren etliche Gäste noch mit der U-Bahn zum Wenzelsplatz - es sind lediglich vier Stationen – und können so die spätabendliche Atmosphäre in der Stadtmitte genießen.

Am morgen des zweiten Reisetages erfreuen wir uns am Frühstücksbuffet, doch dann holt uns Libuse, unsere Prager Stadtführerin, zu einer Stadtrundfahrt und dem dann folgenden ausgedehnten Stadtrundgang ab. Wie üblich beginnen wir die Besichtigung auf der Kleinseite, also links der Moldau. Für die Photographen sind die wunderbar renovierten Hausfassaden und vor allem die barocke Nikolaus-Kirche dankbare Motive. Libuse weiß viel zu erzählen und die Spannung aufrecht zu erhalten.
 


 


 

Vorbei an der „John-Lennon-Mauer“ – der Beatle ist ja am 8. Dezember 198o, also vor fast genau 27 Jahren, in New York ermordet worden – und den Mühlen im „Prager Venedig“ geht es zur Karlsbrücke, diesem wohl berühmtesten Moldau-Übergang, der sich heutzutage in Form eines Freilichtmuseums darstellt. Für mich Grund genug, das heutige Geburtstagskind Rosa Maria mit drei Freundinnen im Bild festzuhalten, eine weitere Freundin folgt der Gepflogenheit der Besucher, weshalb der Hund „richtig blank poliert“ ist.
 


 


 

Unter dem Bogen des Altstädter Brückenturms hindurch bummeln wir zum Denkmal Kaiser Karl IV., des Gründers der ersten deutschen Universität, der auch die nach ihm benannte Brücke in seiner heutigen Form hat errichten lassen. Am Geländer hoch über der Moldau stellt sich der größte Teil der Gruppe zum Gemeinschaftsbild auf – mit dem Burgberg unter wolkenverhangenem Himmel im Hintergrund.
 


 

Durch die Karlsgasse mit ihren schönen Ladengeschäften wandern wir Richtung Altstädter Ring, um den Apostelumzug auf der Astronomischen Uhr des Rathausturmes zu verfolgen. Zuerst sind aber noch die St.-Jakob-Kirche sowie die Teynkirche unser Ziel. Die charakteristischen Türme der Teynkirche – einmal aus anderer Perspektive – haben es vielen Photographen, so auch mir, angetan.
 


 

Zum Apostelumzug auf der Astronomischen Uhr hat sich – wie immer – eine große Menge Schaulustiger eingefunden. Nicht minder interessant ist aber das Einfangen der Atmosphäre auf dem Altstädter Ring, auf dem sich der wohl schönste Weihnachtsmarkt Prags befindet. Überaus eindrucksvoll die prachtvolle weiße Barockkirche „St. Niklas in der Altstadt“, die seit 1871 Gotteshaus der Tschechischen Hussitischen Kirche ist.
 


 

Jetzt meldet sich aber bei uns allen der Hunger, die umliegenden Speiselokale werden gestürmt. Gemütlich können wir die böhmische Küche genießen; in einem mir bereits bekannten Lokal findet ein Teil unserer Gruppe Aufnahme.
 


 

Da wir mit unserer Stadtführerin vereinbart gehabt haben, uns um 17.oo Uhr wieder vor dem Rathausturm zu treffen, um dann gemeinsam zum Wenzelsplatz, an Pulverturm und Gemeindehaus vorbei zur Moldau zu wandern, steht der Nachmittag zur freien Verfügung. Jeder kann nach Belieben bummeln und bereits Gesehenes genauer in Augenschein nehmen oder auch Neues entdecken, vielleicht aber auch die Geschäfte stürmen. Einige Gäste schließen sich mir beim Bummel durch das ehemalige Ghetto an. Besonders der Alte Jüdische Friedhof tut es uns an. Er ist bis 1787 benützt worden, unter seinen Holunderbäumen befinden sich etwa 2o.ooo Grabsteine. An manchen Stellen liegen bis zu neun Grabschichten übereinander, da die knapp bemessene Fläche die Toten nicht hat fassen können.
 


 

Rasch erreichen wir unter der Führung von Libuse die Moldau, wo wir ein ganzes Schiff für uns allein zur Verfügung haben. Pünktlich legen wir ab – die zweistündige Moldaufahrt bei völliger Dunkelheit beginnt. Vorerst begibt sich aber niemand an Deck, gilt es doch, das rustikale Buffet zu stürmen. „Kalt und warm“ heißt die Devise, die Mehlspeisen sind besonders begehrt. Mit böhmischen aber auch vielen bekannten heimatlichen Weisen sorgt zusätzlich ein Harmonikaspieler für Stimmung.
 


 

Zwischendurch erklärt unsere Stadtführerin die Sehenswürdigkeiten am Moldauufer und lockt beim zweiten Passieren der Schleusenanlage die meisten Gäste auf Oberdeck. Auch wenn wir Tiroler auf unseren Reisen wohl schon etliche Male das „Erlebnis Schleuse“ gehabt haben, ist dieses doch immer wieder spannend. Am Ausgangspunkt legen wir schließlich wieder an; unser Fahrer Udo, der mit an Bord gewesen ist – für mich ist es selbstverständlich, daß jeder Fahrer nach Möglichkeit alle Aktivitäten der Gruppe, zu der er ja gehört, mitmacht – bringt uns mit dem nahe geparkten Bus zum Hotel zurück. Ein interessanter und ereignisreicher Tag wird von so manchem Gast noch an der Hotelbar begossen.  

Der dritte Reisetag steht zwar zur freien Verfügung, was etliche Gäste auch zu privaten Aktivitäten nutzen, jedoch ist der größte Teil der Gruppe bereit, von unserer Stadtführerin noch kulturhistorische und städtebauliche Schnäppchen präsentiert zu erhalten. So geht es nach einer Stadtrundfahrt bei strahlendem Sonnenschein – der Vortag ist großteils regnerisch gewesen - auf den Burgberg, wo sich zeigt, daß wir beileibe nicht die einzigen Interessierten sind. Aber der St.-Veits-Dom mit 124 m Länge und 6o m Breite (im Querschiff) ist in der Lage, dutzende Gruppen gleichzeitig aufzunehmen und in Staunen zu versetzen. Eine Ansammlung sakraler und kunsthistorischer Schätze bietet sich dem Betrachter. Licht fällt in das Gotteshaus durch die vielen Glasfenster, unter denen die Fensterrose in der Westfassade hervorsticht, die eine Darstellung des Jüngsten Gerichts enthält.
 


 


 

Der profane Teil des kulturhistorischen Erlebens ist dann der Königspalast, wobei etwa der 62 m lange, 16 m breite und 13 m hohe gotische Vladislavsaal besonders hervorsticht. In ihm sind seinerzeit die böhmischen Könige gewählt worden, hier fanden Landtagssitzungen und Reitturniere statt. Heute wird in ihm der Präsident der Republik gewählt 
 


 


 

Nach Besichtigung weiterer profaner und sakraler Baulichkeiten bummeln wir durch das „Goldene Gäßchen“, kehren dann aber in die Burghöfe zurück. Von der Burgrampe südlich des Hradschiner Platzes genießen wir die Aussicht über die Stadt, vorbei am Palais Schwarzenberg geht es abwärts zur Kleinseite mit seinem überwiegend barocken Stadtbild. So schön das Schlendern durch die Straßen und Gassen ist, so enttäuscht ist eine kleine Gruppe von einem Speiselokal nahe der Moldau, in dem die Schnelligkeit nicht erfunden worden ist.
 


 


 

Über die Karlsbrücke müssen wir alle in Gruppen oder Grüppchen in die Altstadt zurück, in der wir nach Einbruch der Dunkelheit die so geschmackvoll beleuchtete Pariserstraße sowie den Altstädter Ring mit der Teynkirche im Hintergrund auf uns wirken lassen.
 


 


 

Nachmittag und Abend können also alle Reiseteilnehmer nach Belieben gestalten, zurück zum Hotel wird von fast allen die schnellste Verkehrsverbindung, nämlich die U-Bahn, benützt.
 


 

Am Morgen des vierten Reisetages müssen wir Abschied nehmen von Prag, welche Stadt von etlichen Reiseteilnehmern als eine der schönsten der Welt bezeichnet wird. Kaum Kriegszerstörungen und durch Jahrzehnte erfolgte qualitätsbewußte Renovierungen tragen sicherlich dazu bei. Aber noch wartet auf der Rückreise mit Krumau ein besonderes Erlebnis auf uns. Schon beim Gang unter der Schloßbrücke hindurch und dann beim und nach Überqueren der Moldau zeigt sich, daß die UNESCO völlig zu Recht die Kleinstadt in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen hat. Für die Photographen ergibt sich eine Fülle von Motiven.
 


 


 

Aber auch von hier müssen wir weiter, habe ich doch in der „Goldenen Sense“ in Kefermarkt unser letztes gemeinsames Mittagessen auf dieser Reise bestellt. Von den verschiedenen Spezialitäten der Mühlviertler Küche sind wir alle sehr angetan, die bereits in Krumau eingehandelte leichte Verspätung wird größer.
 


 


 

Für mich ist es aber noch Pflicht, den weltberühmten gotischen Flügelaltar der außen so schlichten Wallfahrtskirche St. Wolfgang meinen Gästen zu erklären.  

Auf der Heimfahrt zeige ich im Bus – sozusagen als Nachharke – einen weiteren Film über Prag. Auf anderer Strecke als auf der Hinfahrt in die böhmische Hauptstadt geht es dann über Salzburg und das Kleine Deutsche Eck nach Tirol zurück. Eine gemütliche Kulturreise, auf der trotz der kurzen Zeit unendlich viel Wissenswertes vermittelt worden ist, geht mit unserem Fahrer Udo an den Ausgangspunkten zu Ende.