Istrien

 


 

Einerseits die Osterwoche für eine gemütliche Reise nützen, andererseits den ins Land gezogenen Frühling genießen und schließlich ein Gebiet der seinerzeitigen Österreichisch-Ungarischen Monarchie aufsuchen, in dem uns bestimmt noch vieles vertraut vorkommt - drei Gründe sprechen also dafür, vom 17. April 2o11, dem Palmsonntag, bis zum 22. April 2o11, dem Karfreitag, in Istrien sowie auf dem Hin- und Rückweg gemeinsam viel Schönes zu erleben.

Von Innsbruck aus fahren wir nach Salzburg, um auf der Tauernautobahn die Zentralalpen zu queren. Vorbei an Spittal und Villach geht es nach Slowenien, wobei wir im Karawankentunnel die Staatsgrenze passieren. Auf dieser Anfahrtsstrecke können wir einerseits unsere Blicke über die schöne Landschaft schweifen lassen, andererseits kann ich die geschichtliche Entwicklung umreißen, als deren Folge die erdkundlichen Bezeichnungen in verschiedenen Sprachen, nämlich deutsch, ungarisch, italienisch, slowenisch und kroatisch, feststellbar sind. Ich führe also bewußt die Namen nicht nur in unserer Muttersprache an sondern auch in den anderen im besuchten bzw. durchfahrenen Gebiet verwendeten Sprachen. Denn außer Heimatvertriebenen - gleich welcher Abstammung - und Geschichtskundlern kann wohl kaum jemand beispielsweise mit der Ortsbezeichnung ‚St. Veit am Flaum’ etwas anfangen (als ‚Szentvit’ bzw. ‚Rijeka’ seinerzeit die größte ungarische Hafenstadt, die wir allerdings auf dieser Reise nicht besuchen, die ich aber in meine Schilderung über die Seefahrt in der Monarchie einbeziehen muß).

An Veldes / Bled fahren wir vorbei; diesen wunderschön am Veldeser See gelegenen Ort werde ich wieder im Oktober anläßlich der Rückreise von den Plitwitzer Seen aufsuchen.

Bald schon erreichen südlich von Laibach / Ljubljana / Lubiana / Labacum unser erstes Ziel, wo ein längerer Aufenthalt geradezu verpflichtend ist. Es ist Adelsberg / Postojna / Postumia mit seinem phantastischen Tropfstein-Höhlensystem.
 


 

Für uns ist es also selbstverständlich, der Adelsberger Grotte / Postojnska jama / Grotte di Postumia einen Besuch abzustatten, der heutzutage sogar äußerst bequem zu bewerkstelligen ist. Allerdings sind warme Kleidung (die Temperatur liegt im Höhlensystem konstant bei  + 8 ° C) und festeres Schuhwerk angesagt. Mit einem Schmalspurelektrozug können wir in das Höhlensystem einfahren und dann entweder mit einem Führer zu Fuß weitermarschieren oder aber - praktisch als Rundreise - sitzen bleiben und gleich wieder ausfahren. Auf jeden Fall kommen wir an unzähligen Stalaktiten und Stalagmiten vorbei. Da ein Tropfstein unter günstigsten Verhältnissen für einen Millimeter Wachstum etwa zehn Jahre benötigt, werde ich mit freiem Auge seit meinem letzten Besuch im Oktober 2o1o unmöglich eine natürliche Veränderung feststellen können. In den etwa 1 ½ Stunden für Zugfahrt und Fußmarsch reiht sich ein prachtvoller Blick an den anderen - die Zeit vergeht wie im Flug.
 


 

Es würde den Raum dieser Reisevorschau sprengen, auf die Erforschung des Höhlensystems im Lauf der Jahrhunderte sowie überhaupt auf die Entstehung von Tropfsteinhöhlen einzugehen. Dies kann ich im Zuge der Reise ausführlich genug - schriftlich und mündlich - machen.

Nahe der Adelsberger Grotte bildet die phantastisch angelegte Höhlenburg des Raubritters Erasmus Lueger eines der für Slowenien typischen Photomotive. Für die Innenbesichtigung bleibt voraussichtlich keine Zeit, doch können wir einen Blick auf die teilweise in den Felsen hineingebaute Burg Lueg / Predjamski grad / Castello di Predjama werfen.
 


 

Die Fahrt geht weiter zum Adriatischen Meer, wo wir im Küstenkurort Strunjan / Strugnano unser feines ****Hotel Svoboda beziehen.
 


 

Der ganze zweite Reisetag ist den unterschiedlichsten Erkundungen gewidmet, wobei zuerst die Liebhaber einer der berühmtesten Pferderassen der Welt auf ihre Rechnung kommen. Inmitten einer märchenhaft schönen Landschaft aus Karsteinbrüchen, Dolinen, Kreiseln und Poljen besuchen wir das kleine Dorf Lipizza / Lipica, das den Lipizzanern seinen Namen gegeben hat. Im Zuge einer ausgedehnten Führung erfahren wir viel über die Geschichte des 158o von Erzherzog Karl gegründeten Gestüts, aber auch über die heutige Pferdezucht.
 


 

Nicht weit ist es zurück zur Adria, doch fahren wir nicht ganz zu ihren Gestaden. Kurz nach Überwindung der letzten Höhe und bevor der Karst etwa 3oo m tief ins Tal der Rizana abbricht und es in steilen Serpentinen ins slowenische Küstenland hinuntergeht, überrascht ein unerwarteter und deshalb umso faszinierenderer Blick auf den Golf von Triest mit der an der Küste liegenden Stadt Triest / Trieste / Trst. Wir bleiben aber in Slowenien und genießen von der Ruine der mittelalterlichen Burg Socerb / S. Servolo aus, die wie ein Adlerhorst über dem Steilabfall des Karstes thront, die einzigartige Aussicht über den ganzen Golf von Triest mit den im blauen Meer auf Reede liegenden Schiffen - ein nicht nur für Binnenländer einmaliges Erlebnis. Das Auge kann sich gar nicht genug satt sehen, wobei mir Erinnerungen an Lage und Geschichte der Stadt kommen. Am Berührungspunkt dreier Kulturen gelegen, nämlich der mitteleuropäisch-deutschen, weiters der mittelländisch-italienischen und schließlich der osteuropäisch-slawischen, ist Triest - am Rande des heutigen italienischen Staatsgebietes gelegen - seit jeher eine faszinierende Stadt gewesen. Beim Blick hinaus auf das Meer gilt das Gedenken natürlich auch unserem großen österreichischen Erfinder Josef Ressel.
 


 

Von der Küste geht es aber vorerst wieder ins Landesinnere, um die kultur- und kunsthistorische Einmaligkeit der Gegend zu besichtigen. Das winzig kleine Dorf Chrästeirach / Hrastovlje / Cristoglie beherbergt nämlich eine zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörige Wehrkirche. Die dreischiffige romanische Kirche der hl. Dreifaltigkeit, Sv. Trojica, ist gegen die von Türken und Uskoken ausgehenden Gefahr im 16. Jahrhundert mit einer Wehrmauer umgeben worden. Hoch auf einem Hügel erbaut, sieht sie eher aus wie eine Festung denn wie ein Gotteshaus. Im Inneren sind herrliche gotische Fresken zu bewundern, die 149o der Maler Janez aus Kastav / Castua aufgetragen hat. Sie zeigen verschiedene biblische Motive und den berühmten ‚Totentanz’, bei dem Gevatter Tod Alte und Junge, Reiche und Arme, Männlein und Weiblein, Bischöfe und Könige einträchtig Händchen haltend mit sich nimmt und uns zeigt, daß im Tode alle gleich sind.
 


 


 

Auch am dritten Reisetag verbleiben wir in Slowenien. Es gilt, zwei ganz reizende Hafenstädtchen aufzusuchen. Vorerst fahren wir nach Izola / Isola und bummeln durch die idyllische Altstadt. Wie Koper / Capodistria hat sich auch Izola auf einer Insel entwickelt, die erst im 19. Jahrhundert Anschluß ans Festland bekommen hat. Wir entdecken interessante Einzelheiten wie gotische Fenster, alte Steinmetzarbeiten an den Türstürzen und hübsche Innenhöfe.
 


 

Auf der Weiterfahrt nach Piran / Pirano genießen wir vom 6o m hoch gelegenen Aussichtspunkt Belvedere an der Küstenstraße einen herrlichen Blick auf die Küste, das alte Städtchen und den Yachthafen.
 


 

Piran sieht wie ein weit ins Meer hinausgeschobener Schiffsbug aus. An der Spitze der Halbinsel zwischen den Buchten von Strunjan und Portoroz / Portorose klammern sich die alten venezianischen Häuser der Altstadt aneinander, bewacht von der hoch darüber thronenden Georgskirche / Sveti Jurij und zum Festland hin noch heute durch Reste der einstigen Stadtmauer geschützt. Piran ist eine zauberhafte ‚Puppenstube’, für deren Besuch wir gerne Zeit und Muße aufbringen.
 


 

Mittelpunkt Pirans ist der Tartini Platz / Tartinijev trg / Piazza Tartini, ein von alten Bauten gesäumtes Ensemble am tief in die Altstadt hineinreichenden Hafenbecken Mandrac. Ursprünglich ist auch der Platz selbst noch Hafenbecken gewesen, er ist 1894 zugeschüttet worden. Giuseppe Tartini ‚dirigiert’ von einer Säule aus die Passanten auf dem nach ihm benannten Platz. Pirans berühmtester Sohn ist als Komponist und ‚Teufelsgeiger’ bekannt geworden.
 


 

Wer den Aufstieg nicht scheut, kann durch verwinkelte Gässchen zum Wahrzeichen der Stadt, dem Glockenturm der Georgskirche, emporsteigen, der an die venezianische Vergangenheit der Stadt erinnert - er ist dem Campanile von San Marco in Venedig nachempfunden. In der Kirche selbst empfängt uns üppiger Barock.
 


 

Das Abendessen nehmen wir heute ausnahmsweise nicht im Hotel ein. Speis und Trank gibt es an Bord - wir unternehmen nämlich eine romantische Abendschiffahrt.

Die beiden weiteren Reisetage führen uns nach Kroatien. Auf nunmehr gut ausgebauter Straße geht es rasch weit nach Süden bis zum Hafen des kleinen Fischerortes Fazana / Fasana, wo auf uns das Fährschiff zu den Brionischen Inseln / Brijunski otoci / Isole Brioni wartet. Der Besuch eines kleinen Paradieses harrt unser.
 


 

Bis zum Tode Titos (geboren als Josip Broz), des Präsidenten der seinerzeitigen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, im Jahre 198o sind die Brionischen Inseln Präsidentenbesitz gewesen und somit Sperrgebiet für den allgemeinen Tourismus. Die 14 Inseln des Archipels sind dann 1983 zum Nationalpark Brionische Inseln / Nacionalni park Brijuni / Parco nazionale di Brioni erklärt worden, üppige Vegetation und reicher Tierbestand fesseln genauso wie die Ausgrabungen des byzantinischen Castrums. Mit dem Mini-Dampfzug, einem lustigen und luftigen Straßenfahrzeug, geht es auf Inselerkundung - links und rechts der Straße grasen Rehe, Mufflons und Hirsche, im Safaripark wird es aber exotischer, doch kümmern sich die dort weidenden Tiere, die oder deren ‚Vorfahren’ Tito von Staatsgästen erhalten gehabt hat, kaum um die Besucher. Ich bin gespannt, wie sich der Tierbestand seit meinem letzten Besuch verändert hat.
 


 

Neben dem Castrum liegt im üppigen Grün die ‚Weiße Villa’, in der offizielle Staatsempfänge der kroatischen Regierung stattfinden. Ein 16oo Jahre alter Olivenbaum interessiert nicht nur die Botaniker.
 


 

Das Museum mit einer Biographie über Titos Leben auf den Inseln läßt einige Jahrzehnte Geschichte wieder auferstehen. Da der ehemalige Staatschef Jugoslawiens auf Veli Brijun, der Hauptinsel, seinen Sommersitz gehabt hat, ist es naheliegend, daß seiner in Bildern mit den vielen Staatsbesuchen gedacht wird. Im archäologischen Museum schließlich werden interessante Ausgrabungsstücke lebendig. Nach der interessanten Zeit auf der Insel fahren wir mit dem Fährschiff zurück auf das Festland und dann mit unserem Bus nach Strunjan.

Auch am vorletzten Reisetag führt uns unser Weg in den Süden, allerdings nicht mehr so weit wie am Vortag. Am Vormittag steht die Besichtigung von Porec / Parenzo auf dem Programm. Diese Hafenstadt ist einen längeren Aufenthalt wert.
 


 

Auf der Uferpromenade lustwandeln wir gemütlich die Altstadt entlang, immer wieder gibt es überraschende Durchblicke auf das sakrale Prunkstück ganz Istriens, nämlich die Euphrasius-Basilika inmitten des Häusergewimmels. Diese Bischofskirche, die zu den bedeutendsten Bauwerken mit byzantinischer Mosaikkunst in Kroatien gerechnet wird, ist seit dem 6. Jahrhundert nahezu unverändert erhalten geblieben. Dem Niveau der aus dem 4. Jahrhundert stammenden und in Fragmenten erhaltenen Fußbodenmosaike kann entnommen werden, wieweit die Bodensenkung fortgeschritten ist. In der mittleren Apsis der dreischiffigen Basilika ist u.a. auf einem Thron sitzend Maria mit Kind und dem Bauherrn Euphrasius, der ein Modell der Kirche in der Hand hält, zu erkennen. Zum gesamten Baukomplex gehören auch das Atrium mit Mosaiken am oberen Teil der Fassade, das gleichzeitig mit der Basilika erbaute Baptisterium mit einem achteckigen Taufbecken, der Bischofspalast und auch der Glockenturm aus dem 16. Jahrhundert.
 


 

Von der Basilika ist es nicht weit zur Hauptgeschäftsstraße Decumanus, an deren gegen die Abfahrtsstelle der Ausflugsschiffe hin gelegenem Ende sich die Reste zweier römischer Tempel, Neptun und Mars gewidmet, befinden. Beim Bummel aber nicht nur durch diese Straße sondern auch durch die Parallel- und Querstraßen (die rechtwinkelige Straßenanlage deutet auf eine römische Gründung hin), können wir Bauten aus allen Bauepochen bewundern. Neben romanischen und gotischen Häusern stechen Renaissance- und Barockbauten ins Auge, aber auch immer wieder ‚moderne’ Gebäude. Natürlich zieht uns auch der Hafen in seinen Bann.
 


 

Dann fahren wir wieder einmal die Küste entlang, um zum Limfjord / Limski Zaljev zu kommen. Wir dürfen uns dabei aber nicht einen Fjord vorstellen, wie wir ihn aus Norwegen kennen. Geologisch handelt es sich beim schönsten kroatischen ‚Fjord’ um ein knapp 1o Kilometer langes, durchschnittlich 6oo m breites und bis zu 1oo m tiefes Karsttal, in welchem sich das Meerwasser mit dem hier mündenden Limbach vermischt. Das Brackwasser eignet sich hervorragend zur Zucht von Austern und Muscheln, die in Spezialitätenrestaurants angeboten werden.
 


 

Sollte es die Zeit zulassen, können wir auf dem Rückweg noch der Ruinenstadt Dvigrad / Duecastelli einen Besuch abstatten - nicht nur für Kinder die ideale Gelegenheit, inmitten von mittelalterlichen Ruinen Ritter zu spielen, wenn auch in den teilweise ungesicherten hohen Mauern der beiden sehr beeindruckenden und äußerst malerisch gelegenen Burgruinen besondere Vorsicht geboten ist.

Vor dem letzten gemeinsamen Abendessen können wir noch - so wie an den Vortagen vor, zwischen oder nach den Ausflügen - die Freizeiteinrichtungen unseres Hotels aufsuchen, uns insbesondere in dem (Meerwasser-) Hallenbad vergnügen.
 


 

Zeitig am nächsten Morgen müssen wir Abschied nehmen, eine lange Rückreise - wenn auch fast durchgehend auf Autobahnen - steht bevor. Einen Aufenthalt habe ich aber noch eingeplant. So wie wir am Anreisetag als Naturwunder die Adelsberger Grotte besichtigt haben, so steht auf dem Heimweg mit Schloß Miramar / Miramare und seinem Park ein Wunder von Bau- und Gartengestaltungskunst auf dem Programm.
 


 

Rund 6 km nordwestlich von Triest liegt dieses Schloß, das 1855 bis 186o für Erzherzog Maximilian Ferdinand Joseph Maria, einen jüngeren Bruder Kaiser Franz Josef I., auf einem Felsvorsprung über dem Meer erbaut worden ist. Besonders beeindruckend im Schloß, bei dessen Planung der Erzherzog mitgewirkt gehabt hat, die Bibliothek. Das Schloß ist umgeben von einem großen Park, der nach dem Muster zeitgenössischer englischer Gärten angelegt worden ist - mit Seen, Grotten und Statuen. Von der Schloßterrasse und vom Park bietet sich eine herrliche Aussicht auf das Meer.
 


 

Erzherzog Maximilian Ferdinand ist als Kaiser Maximilian von Mexiko in die Geschichte eingegangen; als Idealist ist er in die Neue Welt gezogen - am 19. Juni 1867 ist er in Queretaro erschossen worden. Mit dem Schiff, nämlich der Fregatte Novara, auf dem er hoffnungsvoll die Reise nach Mexiko angetreten gehabt hat, ist sein Leichnam zurück in die Heimat gebracht worden. Seine aus dem belgischen Königshaus stammende Gemahlin Charlotte, eine Liebhaberin von Musik und Malerei, hat ihn um 6o Jahre überlebt. Bereits 1866 ist sie in unheilbare geistige Umnachtung verfallen.

Unser weiterer Heimweg führt vorbei an Padua, Vicenza, Verona und Bozen und schließlich über den Brenner nach Innsbruck. Im Zuge der Reise vereinigen wir uns an landschaftlich schönster Stelle zum Gruppenbild, um mit diesem in meinem Reiserückblick an schöne Tage mit einmaligen Erlebnissen erinnert zu werden.