Tessin  im  Mai
 

Im südlichsten Schweizer Kanton kann man immer einen schönen Urlaub verbringen. Warum sollte ich also nicht zweimal innerhalb Monatsfrist die ‚Sonnenstube der Schweiz’ aufsuchen und meinen Gästen interessante Erlebnisse vermitteln? Der besondere Anlaß ist der Muttertag. Auch wenn sich das Programm dieser Reise teilweise mit dem der April-Reise überschneidet, so können die Gäste, die beide Reisen mitmachen, ihre Erinnerungen auffrischen oder doch etwas Neues entdecken, da selbst zwei inhaltlich gleiche Ausflüge im Ablauf und hinsichtlich der Besichtigungen nie identisch sein können.

Zu den aus Oberösterreich kommenden Gästen steige ich dann in Innsbruck mit drei Damen zu, wobei wir uns die kurze Wartezeit vor der Wiltener Basilika mit einem Kaffee verkürzen. Dann aber gibt es für Fahrer und die ‚Gäste aus dem Osten’ im Rasthaus Trofana die notwendige längere Pause. Unseren Fahrer Bertus sowie den feinen Bus halte ich gerne im Bild fest.
 


 


 

Zügig geht es weiter, bis wir in Graubünden die bei meinen Tessin-Reisen schon üblich gewordenen Aufenthalte einlegen. Vom Parkplatz ‚Via Mala’ können wir bewundern, was die Natur hier geleistet hat. Es hat nur der seit der letzten mitteleuropäischen Eiszeit verflossenen etwa 12.ooo bis 15.ooo Jahre bedurft, bis sich der Hinterrhein durch das Gestein hat hindurchfressen können. Von unserem Standpunkt ungefähr in halber Höhe der Schlucht blicken wir sowohl weit hinauf als auch weit hinunter. Dabei sind wir allerdings nicht die einzigen Verkehrsteilnehmer - gegen unseren Bus ist aber das Hundegespann, was die Höchstgeschwindigkeit betrifft, mit seinen zwei ‚HS’ (= Hundestärken) eindeutig im Nachteil.
 


 


 

Gleich aber kommt das Kulturerlebnis. Im kleinen Dorf Zillis gilt es, die älteste erhaltene Temperamalerei des Abendlandes zu bewundern. Staunend stehen wir unter der Kassettendecke mit ihren 153 Feldern und betrachten mit den bereitliegenden Spiegeln das Kunstwerk. Natürlich stelle ich - wie auf meinen Reisen üblich - meinen Gästen entsprechende Unterlagen, hier in Form der Beschreibung der einzelnen Felder, zur Verfügung. Aber nicht nur der Innenraum der Kirche weckt unser Interesse, auch den Friedhof und den großen Christophorus an der Westwand gilt es in Augenschein zu nehmen.
 


 


 

Auf der Weiterfahrt dem Süden zu begleiten uns schneebedeckte Dreitausender. Nach dem San-Bernardino-Tunnel führt dann die Straße in kühn angelegten Kehren steil bergab, wobei die Nationalstraße hier nur zweispurig ist. Daß nunmehr die Tropfen an die Fenster klopfen, stört auch unseren Bertus nicht.
 


 

Es geht rasch weiter, der Luganer See ist schon bald erreicht. Wir erfreuen uns am Blütenmeer am Weg zu unserem Hotel, in dessen Rezeption uns eine liebe Dame aus Niederösterreich freundlich empfängt.
 


 


 

Die Vorfreude auf die kommenden Tage mit ihren schönen Erlebnissen kennt keine Grenzen. Die freudige Stimmung setzt sich beim Abendessen und danach bei einem Bummel auf der Uferpromenade fort.
 


 

Am zweiten Reisetag dann der Ausflug, der bei meinen Tessin-Reisen einfach ins Programm gehört, auch wenn wir dabei die Eidgenossenschaft verlassen müssen. Wir umrunden die Nordspitze des Langensees und genießen auf der Uferstraße die Fahrt nach Süden. In Stresa schiffen wir uns ein, in rascher Fahrt durchpflügen wir das Wasser des Sees. Bei sich immer mehr bewölkendem Himmel erreichen wir schon bald die Hauptinsel der Borromäischen Inseln, nämlich die Isola Bella, wo wir nahe dem Schloß an Land gehen.
 


 

Die Führung durch das Schloß habe ich von Innsbruck aus bestellt. Wir erhalten fachkundig vorgetragen Informationen über Geschichte und Gegenwart der Inseln, ihrer Herren und ihrer Kunstschätze. Beeindruckend etwa die Grotten, deren Böden, Wände und Decken aus zehntausenden Steinchen und Muscheln bestehen.
 


 

Tief beeindruckt ob dieses Erlebnisses im Schloß freuen wir uns dann auf die Erforschung der terrassierten barocken Gartenanlage. Erwartungsgemäß werden wir von einem Blütenmeer empfangen. Die Pfauen aber halten sich noch sehr zurück. Unsere Geduld wird stark auf die Probe gestellt, dann aber kommen wir voll auf unsere Rechnung. Nicht nur auf den Anlagen schlagen die Pfauen ihre Räder, sie fliegen auch auf die steinernen Schalen und lassen sich gebührend bewundern.
 


 


 

Für ein kleines Mittagessen bleibt noch Zeit, dann müssen wir aber zur Anlegestelle. Mit unserem Motorboot geht es zurück zum Hafen von Stresa, wo uns unser Bertus mit dem Bus erwartet. Weit müssen wir nicht fahren zur nächsten Überraschung. Wir blicken die 35 Meter hohe Statue des hl. Karl Borromeus hoch. Leider sind die Öffnungszeiten geändert worden, sodaß wir nicht in die Anlage hineingehen und auch nicht im Inneren der Statue hochklettern können. Aber allein schon der Anblick ist den kurzen Abstecher wert.
 


 

Während wir nach Umrundung der Südspitze des Sees unser Vorhaben, mit dem Bus zur Festung von Angera hinaufzufahren, wegen Parkschwierigkeiten aufgeben müssen, ist es uns möglich, direkt am Weg, der zur Wallfahrtskirche Santa Caterina del Sasso hinabführt, zu parken. Gerne nehmen wir den Abstieg bis fast zum Seeufer in Kauf und dann den Rückweg, denn auf uns wartet ein kunstgeschichtliches Kleinod. Früher Ziel vieler Pilger, kommen heutzutage ebenso viele Touristen zur ursprünglichen Einsiedelei.
 


 


 

Auf dem Rückweg nach Lugano machen wir noch in Laveno Station und kehren auf eine gemütliche Jause ein.
 


 


 

Auch der dritte Reisetag führt uns nach Italien. Die alte Stadt Como und eine Schiffahrt auf dem Comer See stehen auf dem Programm. Auf der Nationalstraße erreichen wir rasch die italienische Grenze, bis Como ist es dann nicht mehr weit. Bevor wir aber zur Stadtbesichtigung ausschwärmen, besorge ich die Fahrkarten für das Linienschiff - sicher ist sicher! Mit dem Tempio Voltiano - gewidmet dem Comasker Physiker Alessandro Volta, dem Erfinder der Batterie - im Hintergrund noch schnell ein Gruppenbild geschossen.
 


 

Dann führt uns der Weg zum Dom, den wir natürlich auch innen besichtigen. Wir sind angetan allein schon von der mächtigen Vierungskuppel und den Gobelins im Kirchenschiff.
 


 

Das Hauptportal der Kirche flankieren Plinius der Ältere und Plinius der Jüngere. Die römische Geschichte grüßt!
 


 


 

Unbedingte Pflicht ist aber auch der Besuch der Basilika San Fedele, deren Inneres fast mystisch wirkt. Beim Bewundern der rein romanischen Baukunst erheben wir den Blick zum Himmel und freuen uns, daß die Regenwolken verschwunden sind. Für die Schiffahrt ganz wichtig!
 


 

Nach einer kurzen Stärkung schiffen wir uns auf dem Linienschiff ein, das uns über Bellagio zum Westufer des Sees bringt. In Menaggio gehen wir nach der gemütlichen Schiffahrt wieder an Land. Bertus wartet auf uns nicht mit seinem Wasserflugzeug sondern mit dem uns vertrauten Bus.
 


 


 

Die Fahrt entlang des Westufers des Comer Sees, auf der uns die südländische Flora begleitet, unterbrechen wir zu einer Kaffeejause und zur ‚Erholung von der Erholung auf dem Schiff’. Wir lassen es uns einfach gut gehen.
 


 


 

Da die Zeit noch nicht sehr fortgeschritten ist, schlage ich außer Programm den Besuch von Swissminiatur vor. Vorschlag begeistert angenommen! Wir haben für das Kennenlernen der ‚Schweiz im Kleinformat’ genügend Zeit und können gemütlich - mit der Objektbeschreibung in der Hand - zwischen den einzelnen Attraktionen unseres so schönes Gastlandes lustwandeln und zwischendurch mit der Schmalspurbahn das Gelände umrunden.
 


 


 

Auf der Uferstraße geht es dann zu unserem Hotel, wobei wir beim Abendessen noch die schönen Erlebnisses des Tagesausflugs besprechen. Da bei den milden Temperaturen noch ein Bummel am Seeufer angesagt ist, ist ein Teil der Gruppe noch bis spät am Abend unterwegs. Zusätzlich zum Erlebnis ‚Spaziergang’ erfreuen wir uns noch an einem Freilichtkonzert mit anschließendem Feuerwerk. Der Lugano-Aufenthalt geht zu Ende wie er beeindruckender nicht sein könnte.
 


 


 

Am vierten und letzten Reisetag heißt es zeitig wegfahren, steht doch noch - zumindest für die Gäste aus Oberösterreich - eine lange Rückreise bevor. Hoch über dem Nordufer des Luganer Sees verlassen wir vorerst die Eidgenossenschaft und reisen in die Provinz Como ein. Ein schönes landschaftliches Erlebnis reiht sich an das andere. Nahe Colico im Nordosteck des Comer Sees habe ich noch eine kunstgeschichtlich wertvolle Besichtigung geplant. Wir besuchen die Abtei von Piona in beeindruckender Lage auf einer Halbinsel über dem See. Während der Messe in der Kirche können wir die Fresken nur aus der Ferne betrachten, den Kreuzgang hingegen können wir in allen Einzelheiten studieren.
 


 


 

Sodann die Fahrt Richtung Malojapaß. Knapp vor der Schweizer Grenze entdecken wir ein nettes Lokal, wo wir im Freien das letzte gemeinsame Mahl zu uns nehmen. Nach dem Studium der interessant gestalteten Speisekarte zaubert die freundliche Bedienung in kürzester Zeit die Speisen herbei - es schmeckt uns allen vorzüglich. Dann lassen wir am heutigen Muttertag die mitreisenden Mütter hochleben.
 


 


 

Den Anstieg zum Malojapaß schaffen wir mühelos; kurz vor der Paßhöhe der übliche Halt, um von oben den Steilabfall in Augenschein zu nehmen.
 


 

Nun geht es das Inntal abwärts, vorbei an den vier Seen und mit dem schönen Blick auf St. Moritz - Dorf. Kurz vor der Ausreise aus Graubünden nach Tirol legen wir einen Halt ein, um im Grenzkiosk Schokolade zu kaufen und somit die letzten Franken auszugeben. Im Rasthaus Trofana noch eine Pause.

Was dann folgt, ist ein Erlebnis, das von so viel Herzensgüte geprägt ist, daß ich es unbedingt erwähnen muß. Es ist üblich, daß ein Mitreisender sich als Sprecher aller Gäste bei Fahrer und Reiseleiter bedankt. Frau Maria Bittmann aus Gmunden, die im Bus in der ersten Reihe sitzt, bittet um das Mikrophon und hält eine Laudatio, wobei sie aber mit einer Mitreisenden, nämlich Frau Theresia Peischer, beginnt. Sie führt aus, daß sich diese als ‚Vielreisende’ überall auskennt, den anderen Gästen zusätzlich mit mir stets behilflich ist und mit ihrer stets guten Laune für beste Stimmung sorgt. Der völlig überraschten Geehrten, die nicht nur wegen ihrer sechs Kinder sondern auch wegen ihrer Hilfsbereitschaft oft ‚Mutter Therese’ genannt wird, und der es die Sprache verschlägt, überreicht Frau Bittmann sodann ein süßes Präsent. Einen schöneren Abschluß der Reise kann ich mir nicht vorstellen. Wieder ein Zeichen, daß auch in nur vier Tagen eine liebenswerte Gemeinschaft entstehen kann und daß es für mich als Reiseleiter das höchste Glücksgefühl bedeutet, wenn anerkannt wird, daß ich nicht nur Wissen zu vermitteln bzw. ‚vergrabenes’ Wissen wieder an die Oberfläche zu holen habe, sondern auch Emotionen wecken kann.
 


 

In Innsbruck muß ich dann mit ‚meinen Innsbruckerinnen’ Abschied nehmen von den Oberösterreichern und dem Fahrer Bertus mit der Hoffnung, daß wir wieder einmal bei einer schönen Reise zusammenkommen werden.