Fünf  Tage  Hochgenuß  im  Tessin
 


 

Auch wenn die Wettervorhersage nicht ganz gestimmt gehabt hat, so ist es doch eine wunderbare Reise gewesen, ein richtiger Auftakt für dann folgende schöne Erlebnisse. Lediglich am letzten Reisetag habe ich wegen des Schneefalls im Gebirge die Fahrstrecke etwas abändern müssen, ansonsten ist alles programmgemäß verlaufen - so wie ich es aufgrund meiner Erfahrung nach vielen privaten und beruflichen Reisen in die ‚Sonnenstube der Schweiz’ nunmehr ausschließlich für Freunde und Stammgäste geplant gehabt hatte.

Wir brechen also zeitig am Morgen in Innsbruck auf, um ganz gemütlich den ersten Reisetag anzugehen. Nach der üblichen Kaffeepause im Rasthaus Trofana, bei welchem noch die letzten Gäste zusteigen, geht es durch Tirol weiter. Ab Landeck dienen die Tunnels im Zuge der Schnellstraße als ‚Verdunkelung’ des Innenraumes des Busses - ich zeige einen Film über das Zielgebiet. So kann in den Tunnels und vor allem im doch fast 14 km langen Arlbergtunnel keine ‚Tunnelangst’ aufkommen.

Im Kanton Graubünden dann das an Schönem und Interessantem, das ich meinen Gästen üblicherweise auf der Fahrt in den Süden vermittle. Vorerst legen wir einen Halt im Bereich der ‚Via Mala’ ein - das Wunder der Natur, das der Hinterrhein hier geschaffen hat, gilt es zu bestaunen, wobei vorsorglich noch einmal die Kameras überprüft werden.
 


 


 


 

Schon kurze Zeit später kommen alle Kunstfreunde, für die allein schon dieses Erlebnis eine eigene Reise wert wäre, auf ihre Rechnung. Wir bestaunen in der kleinen Kirche St. Martin in Zillis / Ziran eine bemalte romanische Holzdecke. Auf 153 in Temperamalerei gehaltenen Feldern werden uns Szenen aus dem Leben Christi sowie aus dem Leben des hl. Martin nahe gebracht. Diese sowie die Darstellungen in der Umrahmung können wir in Ruhe mit Spiegeln betrachten - ein Lob den Eidgenossen, die auch an solche ‚Kleinigkeiten’ denken.
 


 


 

Nach diesem Kunstgenuß braucht es eine kräftige Stärkung - ich rufe zum Sektempfang. Unser Fahrer macht dabei begeistert mit, wenn auch nur als Mundschenk.
 


 

Die Weiterfahrt führt dann durch eine Landschaft, auf der uns schneebedeckte Dreitausender begleiten. Nach dem San-Bernardino-Tunnel geht es das Misoxer Tal abwärts, bis wir kurz vor Bellinzona, der Hauptstadt des Kantons Tessin, Graubünden verlassen. Im Rasthaus Bellinzona schließen wir Bekanntschaft mit der Schweizer Küche - da Rasthäuser an Schweizer Nationalstraßen bekanntlich ‚trocken’ sind, gibt es statt zum Mittagessen die entsprechenden alkoholischen Getränke dann im Bus.

Nun ist es nicht mehr weit bis zum Luganer See, doch muß das Hotel noch auf uns warten, da ich etwas Einmaliges vorhabe. Ich zeige den Gästen in Melide ‚die ganze Schweiz’. Wie ist das möglich? Nahe dem Seeufer mit Blick auf die umrahmenden Berge befindet sich Swissminiatur, die Eidgenossenschaft in all ihrer Schönheit, aber in 25facher Verkleinerung. Bei strahlendem Sonnenschein schwärmen wir aus und genießen das Lustwandeln zwischen den Objekten. Vieles ist allgemein bekannt, manches wird noch etliche Entdeckungsreisen in unser Nachbarland erfordern. Da alle Objekte numeriert sind und jeder Besucher als Dienst am Kunden einen viersprachigen Katalog erhält, finden wir uns alle problemlos zurecht. Das Objekt 111 etwa stellt die Kollegiatskirche (La Collégiale) in Neuenburg (Neuchatel) dar.
 


 


 

Gleich nach dem Eingang in die Anlage befindet sich ein Teich, auf dessen Oberfläche ein reger Schiffsverkehr herrscht. Aus der Tiefe tauchen aber immer wieder ‚gefräßige Ungeheuer’ auf.
 


 


 

Das Seeufer entlang fahren wir nach diesem schönen Erkundungsgang zu unserem Hotel Calipso im vornehmen Luganer Vorort Paradiso, wo wir freundlich empfangen werden. Das Abendessen lassen wir uns alle munden; der Tessiner Wein, aber auch das einheimische Bier, können so richtig genossen werden.
 


 

Am nächsten Morgen darf ich einen Teil ‚meines Damenflors’ im Bild festhalten. Unser Bus bleibt den ganzen Tag auf dem Hotelparkplatz stehen - für mich ist es selbstverständlich, daß unser Fahrer die Ausflüge mitmacht.
 


 


 

Da unser Hotel so nahe an der Talstation der Standseilbahn auf den Monte San Salvatore gelegen ist, daß Wilhelm Tell jeden beliebigen Teil des Gebäudes von der Hotelterrasse aus leicht mit einem Pfeil von seiner Armbrust hätte treffen können, ist die Auffahrt auf diesen Hausberg Luganos geradezu Pflicht. Von der Aussichtsplattform auf der Spitze haben wir einen phantastischen Panoramablick, worauf wir nach dem Besuch im Museum, das neben sakraler Kunst vor allem den Naturwissenschaften gewidmet ist, noch im Gipfelkaffeehaus den Sonnenschein genießen können.
 


 


 


 

Nach der Talfahrt müssen wir ‚schon wieder’ etwas erleben. Es kommt nämlich gerade der ‚Treno Turistico’ daher. Also umsteigen und auf geht es zu einer Bummelzugfahrt durch Lugano, natürlich großteils den See entlang. Die deutschsprachigen Erklärungen über den Lautsprecher vervollkommnen die Eindrücke.
 


 


 

Auch der Nachmittag dieses zweiten Reisetages ist schon verplant. Was wäre ein Aufenthalt an einem Schweizer See ohne eine Schiffahrt? Also geht es von der Station Paradiso - nahe unserem Hotel - los. Auch wenn es nicht regnet: Zwei Regenschirme sind besser als kein Schirm!
 


 

Die Schiffahrt führt zu dem direkt an der Grenze zu Italien gelegenen ehemaligen Schweizer Zollhaus. Dort unterbrechen wir, um das Schweizerische Zollmuseum (volkstümlich ‚Schmugglermuseum’ genannt) zu besichtigen, aber auch die Objekte im Freigelände in Augenschein zu nehmen. Wo kann man sonst noch ‚das Schmuggeln’ lernen, auch wenn diese ‚Beschäftigung’ heutzutage sehr an Bedeutung verloren hat? Wo anders als in diesem kann man in einer Originalamtsstube noch einen Nachttopf sehen?
 


 


 

Vor dem Abendessen gibt es wieder genügend Möglichkeiten zur Erholung, ob im Hotelhallenbad oder bei einem Spaziergang auf der Uferpromenade.

Der dritte Reisetag ist dann einem schönen und bewährten Ausflug vorbehalten. Es geht rund um die Nordspitze des Langensees und dann an dessen Westufer entlang bis Stresa - wunderbare Ausblicke über den See sowie auf die südländische Vegetation am Ufer inbegriffen. Vor der Einschiffung noch rasch ein Gruppenbild, auch wenn sich nicht alle Gäste versammelt haben.
 


 

Dann also schiffen wir uns ein. Mit dem kleinen Motorboot - der Kapitän ist mir seit Jahren bekannt - sind wir unabhängig von der Linienschiffahrt und können die Zeiten selbst bestimmen. Nach kurzer Fahrt erreichen wir die Isola Bella, die Hauptinsel der Borromäischen Inseln.
 


 

Die Führung durch das Schloß ist ein Erlebnis für sich, wobei wir über Geschichte und Ausstattung eingehend aufgeklärt werden und die wertvollen Stücke mit Muße bewundern können. Im Saal von Luca Giordano fällt neben zwei weiteren Gemälden des aus Neapel stammenden Malers ‚Die Entführung Europas’ auf. Zwar kunsthistorisch keine Rarität, aber doch ein erlesenes Beispiel für die Produktion des Studio Vaticano ist der runde Tisch mit dem kleinen römischen Mosaik, das Giberto V. Borromeo als Sonderbotschafter des österreichischen Kaisers Franz I. im Jahre 1825 von Papst Leo XII. geschenkt erhalten hat.
 


 


 

Was aber dann folgt, ist ein Naturerlebnis ersten Ranges. Der Frühling hat vom prächtigen Schloßpark Besitz ergriffen. Es grünt und blüht! Und auf den Grünflächen stolzieren hoheitsvoll weiße Pfauen, deren Haremsdamen allerdings auch die schönsten Räder nicht imponieren.
 


 


 

Zum Mittagessen im vorzüglichen (Fisch-)Restaurant ‚Imbarcadero’ auf der Isola dei Pescatori bringt uns dann ‚unser’ Motorboot. Küche und Keller passen wie immer. Es ist so gemütlich, daß uns die Zeit davonläuft.
 


 


 

Etwas später als ursprünglich geplant zurück mit dem Schiff nach Stresa, wo an der Anlegestelle schon unser Bus wartet. Wir umrunden den See und fahren direkt zum Hotel zurück. Den traumhaft schönen Tag beschließen wir mit dem üblichen gemütlichen Abendessen.

Am vierten Reisetag dann ein völlig anderes Erlebnis. ‚Natur vom Feinsten’ ist angesagt. Wir fahren in das Verzascatal. Eine 25 km lange kurvenreiche Straße führt bis zum Talschluß bei Sonogno. Aber schon bald nach der Einfahrt in das Tal kommt die gewaltige Mauer des Stausees von Vogorno in Sicht. Mit 22o m Höhe bei einer Länge von 38o m ist sie eine der höchsten in Europa. Wir kennen sie aus dem James-Bond-Film ‚Golden Eye’ mit der Seil-Sprung-Szene.
 


 


 

Talaufwärts begleiten uns Steinhäuser, aber auch das smaragdgrüne gischtende Bergwasser. In Lavertezzo dann können wir die seinerzeit vom Eis und dann vom Wasser rundgeschliffenen Gneisfelsen ganz aus der Nähe bewundern. Ein längerer Halt ist Pflicht! Den Fluß quert dort, in der Mitte auf einem Felsen ruhend, eine zweibogige mittelalterliche Steinbrücke, der ‚Ponte dei Salti’ - eine Freude für alle Photographen.
 


 


 

Nachdem wir uns satt gesehen haben, geht es weiter, wobei ich aber in Brione noch das kunstgeschichtliche Kleinod des Tales, nämlich die Fresken in der Pfarrkirche Santa Maria Assunta, zeigen und erklären muß. Ein uns namentlich nicht bekannter Maler hat ganz im Stile Giottos einen Christus-Zyklus freskiert, der in einigen Teilen noch recht gut erhalten ist.
 


 

Bevor wir aber weiterfahren, noch etwas ‚Sport’. Warum soll nicht ein Universitätsprofessor mit der ländlichen Jugend Fußball spielen? Da ist das gemütliche Zuschauen auch angenehm!
 


 


 

Schließlich erreichen wir aber mit Sonogno den Talschluß. Nach dem Spaziergang zwischen den aus Stein und Holz errichteten Häusern verbringen wir die Mittagszeit mit anschließendem Biergenuß in der frischen Höhenluft.
 


 


 

Am späteren Nachmittag verbleibt auf dem Rückweg nach Lugano noch genügend Zeit für die Führung durch eine Schokoladefabrik. Schließlich sind wir im Land der Schokoladeerzeugung. Bei ‚Alprose’ in Caslano lassen wir uns in die Geheimnisse der Erzeugung einweihen. Daß wir dabei schon mit einer Kostprobe begrüßt werden und dann fleißig weiter naschen dürfen, verschönt natürlich den ohnehin schon interessanten Aufenthalt in Fabrik und Museum beträchtlich.
 


 


 

Trotz des - mehr oder weniger reichlichen - Schokoladegenusses schmeckt uns das letzte Abendessen in unserem Hotel wieder vorzüglich; bis spät in die Nacht wird Abschied gefeiert von einer schönen Gegend mit liebenswerten Menschen.

Zeitig am Morgen des Rückreisetages müssen wir aufbrechen, steht doch eine lange Fahrt mit interessanten Unterbrechungen bevor. Vorerst geht sie hoch über dem Nordufer des Luganer Sees nach Osten, unter uns Gandria und am gegenüber liegenden Seeufer das Zollmuseum, das wir vom zweiten Reisetag her kennen. Auch nach Passieren der italienischen Grenze fahren wir weiter über dem Nordufer des Luganer Sees. Die Landschaft beeindruckt genauso wie bald dann bei der Fahrt das Westufer des Comer Sees entlang.

In einer in den Comer See ragenden Halbinsel nahe Colico besuchen wir die Abtei von Piona, angelegt in stiller Einsamkeit, doch in beeindruckender Lage. Auf der einspurigen Zufahrtsstraße muß der Gegenverkehr aufgehalten werden, wobei jedes Mittel recht ist!
 


 

So wie am Anreisetag die Kirche von Zillis hat besichtigt werden müssen, sind hier Kreuzgang und Klosterkirche unbedingt einen Besuch wert, wie wir uns selbst überzeugen können. Während es draußen nunmehr in Strömen regnet, genießen wir die Stille des heiligen Ortes und bewundern vor allem den Kreuzgang sowie die Fresken in der Kirche.
 


 


 

Mein Plan, über den Berninapaß zu fahren, erweist sich als nicht durchführbar. Wir wären in eine Höhe von 2328 m hinaufgekommen, in der es gemäß Wetterbericht heftig schneien würde. Außerdem wäre keine Sicht gegeben. So müssen wir über den landschaftlich genauso schönen Malojapaß ausweichen, wobei uns die Fahrt auf ‚lediglich’ 1815 m hinaufführt. Auch dort schneit es, doch ist die Straße frei und wir können die Landschaft erkennen. Zuvor kehren wir aber im Hotel-Restaurant Aurora in Chiavenna zu unserem letzten gemeinsamen Mittagessen ein. Nunmehr werden wir - wie auf der Isola dei Pescatori - wieder mit italienischer Küche verwöhnt; es mundet uns allen genauso gut wie zuvor in der Schweiz. Das hauchdünn aufgeschnittene Bresaola etwa schmeckt ganz ausgezeichnet.
 


 


 

Bei St. Moritz / San Murezzan erreichen wir die Straße, die vom Bernina-Paß her kommt. Der Weg führt dann weiter durch das Ober- und ab Zernez durch das Unterengadin nach Tirol. Im Rasthaus Trofana kehren wir letztmalig ein, wobei ich wieder einmal nur fast die gesamte Gruppe im Bild verewigen kann. Die Reise geht an ihrem Ausgangspunkt zu Ende, doch die Erinnerung an gemütliches Beisammensein sowie an unvergleichlich schöne Landschaften und besondere kulturelle Erlebnisse bleibt.