Frühling am Bodensee
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Während die vorjährige Frühlingsfahrt an
den Bodensee uns am Anreisetag nach Mindelheim geführt hat, habe ich für
heuer Wangen im Allgäu vorgesehen, eine nicht minder liebliche Stadt mit
einem wunderbaren historischen Kern. Lassen Sie sich von mir neuerlich
zu einer dreitägigen Fahrt an den Bodensee verführen, um einerseits vor
allem auf der Insel Mainau die bereits voll erwachte Natur zu genießen,
um sich aber andererseits auch an Kultur und Technik zu erfreuen. Die
Fahrt geht am 3o. April 2o1o von Salzburg/Tirol aus und führt an München
und Landsberg am Lech vorbei, wobei das erste Ziel also Wangen im Allgäu
ist, das wir nach dem Mittagessen erreichen.
Mittelalterliche Romantik bestimmt noch
heute die Altstadt von Wangen, die mit der etwa zur Hälfte erhaltenen
Stadtmauer und ihren drei Tortürmen unter Denkmalschutz steht. Ehemals
freie Reichsstadt, geprägt vom Bürgerstolz ihrer Handelsfamilien und
reich geworden durch den Handel mit Leinen und die Herstellung von
Sensen. Heute ist die nach dem Dreißigjährigen Krieg verarmte Stadt
milchwirtschaftliches Zentrum des württembergischen Allgäus. Seit etwa
einem Vierteljahrhundert werden die Straßen und Plätze mit
Figurenbrunnen belebt, die jeweils in einem Bezug zu ihrem Standort
stehen. Erfreuen wir uns am Amtsschimmelbrunnen vor dem Landratsamt oder
an den bronzenen Ferkeln des Antoniusbrunnens auf dem Saumarkt.
Auch wenn es im Volksmund heißt ‚In
Wangen bleibst Du hangen!’, so müssen wir doch nach Friedrichshafen
weiter, der nach Konstanz zweitgrößten Stadt am Bodensee. Weltweit wird
der Name der Stadt mit ‚Zeppelin’ und dem Luftschiffbau in Verbindung
gebracht. Wir wollen in dieser nunmehrigen Messe- und Industriestadt das
im ehemaligen Hafenbahnhof untergebrachte Zeppelin Museum besichtigen,
wobei sowohl die an Technik Interessierten als auch die Kunstfreunde auf
ihre Rechnung kommen.
Das Zeppelin Museum beherbergt die
weltweit bedeutendste Sammlung zu Geschichte und Technik der
Luftschiffahrt, wobei eine der Attraktionen der originalgetreue Nachbau
eines knapp 4o m langen Teils des nach 62 ohne Probleme verlaufenen
Atlantikflügen am 6. Mai 1937 in Lakehurst durch Brand zerstörten
Luftschiffes LZ 129 ‚Hindenburg’ ist. Die ‚fliegenden Zigarren’ von
einst haben nach dem Krieg im ‚Zeppelin NT’ eine Wiedergeburt erlebt. -
Die Abteilung Kunst im Obergeschoß spannt einen breiten Bogen über fünf
Jahrhunderte vom Mittelalter bis zur Gegenwart und zeigt Gemälde und
Skulpturen aus Bodenseeraum und Oberschwaben, darunter eine der
bedeutendsten Otto-Dix-Sammlungen.
Von der Terrasse im ersten Obergeschoß
des Zeppelin Museums können wir gemütlich den Verkehr zu Wasser und in
der Luft beobachten, bevor wir am späten Nachmittag zu unserem Tagesziel
Dornbirn mit dem Standorthotel ‚Hirschen’ aufbrechen. Zwei Nächte
bleiben wir in diesem mir bereits bekannten ****Hotel.
Der zweite Reisetag bringt dann
Erlebnisse, wie man sie sich feiner gar nicht wünschen kann. Nach dem
überreichlichen Frühstücksbuffet fahren wir auf der Autobahn bis
Schaffhausen, wo das rechte Rheinufer unterhalb des imposanten
Rheinfalles unser erstes Ziel ist. Das Brausen der gischtenden
Wassermassen können wir vom Schlößli Wörth aus in Ruhe verfolgen. Wer
aber will, kann mit mir eine romantische Schiffahrt zum Felsen in der
Mitte des Falles unternehmen. Mit den sportlich Geübten klettere ich den
Felsen hoch, um von der Terrasse ganz oben die tobenden Naturgewalten
mit Auge und Ohr ‚einzusaugen’. Die Erinnerung an dieses ‚Abenteuer’
bleibt weit über das Ende unserer Reise bestehen.
So interessant auch der Aufenthalt am
Rheinfall ist, wir müssen weiter. Auf der Insel Mainau - diese ist aber
so wie Lindau und die Reichenau gar keine Insel mehr - wollen wir ‚Natur
pur’ genießen. Vom Parkplatz gehen wir über eine Brücke auf die ‚Insel’
- wer will, kann auch eine angebotene Fahrgelegenheit nutzen. Dann
umfängt uns eine Blütenpracht, wie man sie sich gewaltiger nicht
vorstellen kann. Wir wollen gar nicht versuchen, die unzähligen Rabatte
und schon gar nicht die einzelnen Blüten, die sicherlich in die
Millionen gehen, zu zählen. Es reicht, das Auge in der wunderbar reinen
Luft wandern zu lassen. Möglichst lange wollen wir hier bleiben, wobei
wir natürlich auch das Palmenhaus mit seiner Orchideenschau und das
Schmetterlingshaus ansteuern.
Nur ungern nehmen wir von diesem
begnadeten Fleckchen Erde Abschied. Von Konstanz aus überqueren wir den
See. Auch die für so manch einen Gast vielleicht erstmalige Einschiffung
auf ein Fährschiff mag sich in den Reigen der besonderen Erlebnisse
einreihen; ist aber das Schiff erst einmal in Bewegung, fährt es wie
jedes andere auch. Nur mit dem Unterschied: Unseren Bus haben wir mit
dabei. Wir steigen aber aus und gehen an Oberdeck, wo wir - angefangen
mit der Ausfahrt aus dem Hafen von Konstanz - die ganze Fahrt mit Genuß
verfolgen können. Vor der Ankunft in Meersburg müssen wir aber wieder in
unseren Bus einsteigen. Nicht weit ist es dann vom Fährhafen bis zur
Wallfahrtskirche Birnau, die sich in barocker Pracht über den am
Nordufer des Bodensees angelegten Weinbergen erhebt. Von der Terrasse
vor der Kirche haben wir einen einmalig schönen Blick über den See; das
Innere des Gotteshauses besticht durch seine Harmonie an Architektur,
Stuck und Fresken.
Die Rückfahrt zu unserem Hotel in Dornbirn geht großteils nahe dem Seeufer; immer wieder können wir den Blick über den See auf die Schweizer Alpen und die Schiffe auf dem See schweifen lassen. Nach der zweiten Nacht in
unserem feinen Hotel müssen wir die Heimreise antreten und warten auf
weitere Erlebnisse. Diese bleiben nicht aus! Vorbei an Bregenz, Lindau
und Wangen geht es durch die wunderbare Voralpenlandschaft nach Isny im
Allgäu, wo wir die erste Station einlegen. Einst geistliches Zentrum der
Reformation ist die seinerzeit kleinste aller Freien Reichsstädte, deren
Türme und Wehranlagen noch gut erhalten sind, heute heilklimatischer
Kurort. Die äußerlich unscheinbare Pfarrkirche St. Georg erweist sich im
Inneren als ‚Rokoko-Perle des Westallgäus’. Die benachbarte evangelische
Nikolaikirche bietet sich schlicht und einfach dar.
Weiter geht die Heimfahrt, vorbei an
Kempten und Füssen, wo ich noch den Besuch des Lechfalles vorsehe. Der
kleine Umweg lohnt sich aber! Auf Neuschwanstein können wir nur einen
Blick werfen; für eine Besichtigung müßten wir hübsch einige Stunden zur
Verfügung haben. Im Pfaffenwinkel ist die Wallfahrtskirche ‚Zum
gegeißelten Heiland in der Wies’ - kurz ‚Wieskirche’ - unser nächstes
Ziel. Die grünen Kuppen rundum und das majestätische Alpenpanorama
verstärken noch die Wirkung der wohl prächtigsten Schöpfung des
schwäbisch-bayerischen Rokokos. Aus dem Zusammenspiel von Architektur,
Stuck und Freskomalerei ergibt sich die einzigartige, von spielerischer
Leichtigkeit und Eleganz geprägte Raumwirkung dieser Kirche. Jetzt wird
es Zeit zum Mittagessen, das wir - mit Blick auf die Kirche - in dem mir
von früheren Aufenthalten bestens bekannten Gasthof Moser einnehmen.
Auf dem Weg nach Garmisch-Partenkirchen,
dem Austragungsort der IV. Olympischen Winterspiele 1936 sowie der
Alpinen Schiweltmeisterschaften 1978, kommen wir zuerst an Oberammergau
vorbei. Heuer ist wieder Passionsspieljahr: Fast 25oo Einwohner von
Oberammergau werden von Mai bis Oktober bei etwa 1oo Aufführungen auf
der Bühne stehen. Für das Dorf wieder das Ereignis! Oberammergau
ist aber auch als Heimat des vielleicht berühmtesten Lüftlmalers,
nämlich Franz Seraph Zwinck, bekannt. In Bayern haben wir schließlich
noch ein letztes kulturelles Erlebnis: In Ettal ist die Besichtigung der
großartigen Klosterkirche der Benediktinerabtei geradezu Pflicht.
Von Seefeld fahren wir schließlich auf der Zirlerbergstraße ins Inntal hinunter, wobei sich prachtvolle Ausblicke ergeben. Wer immer noch nicht genug Barockkirchen gesehen hat, dem zeige ich schließlich noch gerne die Wiltener Basilika in Innsbruck mit ihren wunderbaren Deckenfresken sowie mit ihrer den Hochaltar zierenden Sandsteinskulptur ‚Maria unter den vier Säulen’ aus dem 14. Jahrhundert.
Die Reise endet schließlich an ihren
Ausgangsorten in Tirol und Salzburg. Trotz der vielen Besichtigungen
eine überaus gemütliche Fahrt, die herzerfrischend Erholung und Erlebnis
in sich vereint.
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