Südengland - Cornwall
|
Nach einem Jahr Pause habe ich
heuer wieder den Süden der Britischen Inseln in meinem Programm. Die
Reise dauert bei ähnlichem Ablauf wie im Jahre 2oo7 heuer einen Tag
länger, da ich neben der für meine Gäste selbstverständlichen
Vermittlung geschichtlicher und kunstgeschichtlicher Informationen noch
mehr Wert auf ‚die Botanik’ lege. Da wir allein vier der insgesamt neun
Nächte im gleichen Hotel in Land’s End bleiben, ist trotz der vielen
schönen und interessanten Erlebnisse Gemütlichkeit angesagt
Folgen Sie mir also am 13. Juni
2oo9 für zehn Tage nach Südengland und Cornwall, wobei uns als
Transportmittel wieder ein österreichischer Luxusbus zur Verfügung
steht. Am Anreisetag fahren wir nur bis Brüssel - am Vormittag des
zweiten Reisetages steht eine kurze Stadtrundfahrt auf dem Programm.
Die Weiterfahrt bringt uns zur
Nordsee und zur französischen Kanalküste. In Calais müssen wir uns mit
unserem Bus einschiffen, um den Ärmelkanal an seiner schmalsten Stelle
zu überqueren. Lange währt die Überfahrt nicht, bald schon tauchen die
Kreidefelsen von Dover auf. Im Linksverkehr fahren wir südlich von
London vorbei und machen dann - soferne wir gut in der Zeit sind - in
Winchester, einst Hauptstadt des Königreichs Wessex und dann von ganz
England, Station, um die mächtige Kathedrale in Augenschein zu nehmen.
Mit einer Länge von 17o m ist das Kirchenschiff das zweitlängste
Europas. Trotz der verschiedenen Baustile (von der Romanik bis zur
Spätgotik) präsentiert sich das Gotteshaus als harmonische Einheit.
Von Winchester nach Süden sind
es nur ein paar Meilen bis zu unserem Tagesziel Eastleigh. Die Stadt
selbst bietet nicht viel an Schönem, sie ist nur verkehrsmäßig sehr
günstig gelegen. Am nächsten Tag steht dann die doch relativ lange Fahrt
bis Land’s End auf dem Programm, in deren Verlauf wir aber einige
Unterbrechungen einlegen. Einerseits in der Salisbury Plain als
beliebter Siedlungsstätte prähistorischer Kulturen, andererseits aber in
Exeter, um die St-Peter’s-Kathedrale zu bewundern, schließlich aber noch
im Dartmoor National Park, um die ganze Schönheit dieser Region in uns
aufzunehmen.
Schon nach kurzer Fahrzeit
erreichen wir Stonehenge, wohl eine der bekanntesten vorzeitlichen
Kultstätten Europas. Morgens ist der riesige Steinzirkel noch nicht so
von Touristen überschwemmt wie dann tagsüber, wobei die Besucher ohnehin
nicht mehr direkt durch die Kultstätte wandeln dürfen sondern von den
Steinen einen gewissen Abstand einhalten müssen. Auf jeden Fall können
wir aber schon in unserem Bus die Phantasie spielen lassen - vom
Zauberer Merlin, der die Steinblöcke von Irland hierher gebracht haben
soll, über die Druiden bis zur Interpretation durch Erich von Däniken
ist freier Raum. Doch auch wir können das Geheimnis von Stonehenge nicht
lüften. Dann aber müssen wir Jahrtausende überspringen, um uns in
Exeter, der Hauptstadt der Grafschaft Devonshire, einen
kunstgeschichtlichen Leckerbissen herauszupicken.
Bummeln wir vom Busparkplatz zur
St-Peter’s-Kathedrale und bewundern wir vorerst die Westfassade. Werfen
wir einen Blick auf die beiden Türme, die noch aus der normannischen
Zeit stammen. Beim Rundgang durch das Gotteshaus fällt uns im Langhaus
sofort das gotische Gewölbe auf, das auch im Bereich der Vierung nicht
unterbrochen ist - es ist das längste gotische Gewölbe der Welt. Wäre
nicht der Lettner mit der aufgesetzten Orgel, die ganze Weite des
Langhauses könnte überblickt werden. Während uns im linken Querschiff
die astronomische Uhr aus dem 15. Jahrhundert auffällt, beeindruckt uns
ganz besonders eine kunstgeschichtliche Rarität, nämlich die mit
mythologischen Figuren verzierten Miserikordien, also die Stützen im
Chorgestühl, die dem 13. Jahrhundert zuzuschreiben sind.
Zur Abwechslung dann wieder
Natur und noch einmal Natur: Die Fahrt durch den Dartmoor National Park
gehört nämlich zu den eindrucksvollsten landschaftlichen Erlebnissen.
Ein Sonnentag im Moor offenbart die ganze Schönheit dieser Region.
Munter plätschernde Bäche, grüne Flußtäler, von hohen Bruchsteinmauern
umgebene Weiden. Immer wieder stoßen wir auf frei umherlaufende Tiere
wie Schafe, Rinder und Ponys. Bei Regen aber offenbart sich die ganze
Romantik, wie ein undurchsichtiger Schleier legt sich der Nebel über das
Moor. Kein Wunder, daß Sir Arthur Conan Doyles Roman ‚Der Hund von
Baskerville’ gerade hier spielen muß.
Während wir an landschaftlich
besonders schönen Stellen für unsere Photographen stehen bleiben, ist
ein längerer Aufenthalt geradezu zwingend vorgesehen, nämlich bei der
‚Postbridge’. Auch wenn der Mensch in die Natur eingegriffen hat, so ist
diese Brücke keineswegs ein Fremdkörper, sie gehört ‚einfach dazu’.
Am Abend erreichen wir mit
Land’s End den westlichsten Punkt Cornwalls und zugleich auch Englands.
Die Bewunderung der schönen Klippenformationen und der grandiosen
Steilküste heben wir uns für einen der kommenden ruhigeren Tage auf.
Schließlich bleiben wir ja vier Nächte in unserem Hotel.
Am vierten Reisetag steht ein
Ganztagesausflug durch Cornwall, der Heimat von Rosamunde Pilcher, auf
dem Programm. Zuerst steuern wir das Künstlerdorf St. Ives an, in dessen
Umgebung die Schriftstellerin viele ihrer Romane spielen läßt. Mit
seinen engen, gewundenen Gassen und den kleinen Häusern, die den steilen
Hügel rund um den Hafen säumen, ist das ‚cornische Malerparadies’ ein
überaus attraktiver Ort, dessen Zauber einzufangen wir uns genügend Zeit
nehmen. Wer sich für Gemälde von Künstlern interessiert, die in der
Region gelebt und gearbeitet haben, ist in der Tate Gallery von St. Ives
am rechten Ort.
Weiter geht der Ausflug zur
Küste gegenüber von St. Michael’s Mount. Dieses englische Gegenstück zum
Mont St. Michel in der Normandie ragt ein paar hundert Meter vor der
Küste auf einer kleinen Insel hoch. Machen wir doch in einem gemütlichen
Pub des Örtchens Marazion Pause, um den Blick auf das Felseneiland zu
genießen.
Die letzte Besichtigung des
Tages entführt uns gleichsam ins klassische Altertum. Ein Fußmarsch von
etwa zwanzig Minuten bringt uns vom Busparkplatz zum Minack Theatre,
einem wunderschön, aber versteckt zwischen steilen Granitklippen über
dem Meer in den Felsen gehauenen Spielort, angelegt nach Art eines
griechischen Theaters. Im Jahre 1932 ist dieses Privattheater mit
Shakespeares ‚Der Sturm’ eingeweiht worden. Seither finden in den
Sommermonaten regelmäßig Aufführungen statt, wobei die Besucher oftmals
Wind und Regen trotzen müssen, sich aber am Donnern der Brandung
erfreuen können.
Der nächste Ganztagesausflug
steht unter dem Motto ‚Gartenpracht und Herrenhäuser’. Wollen wir uns
ganz gemütlich dem widmen, was fleißige Garten- und Parkgestalter im
angenehmen cornischen Klima geleistet haben. Am Vormittag gilt es den
Trebah Garden aufzusuchen. Das cornische Wort ‚Trebah’ bedeutet ‚Das
Haus an der Bucht’. Und von diesem Haus führt ein Schluchtgarten mit
einem Wasserlauf zwischen steilen Hügeln zum Meer. Wir finden nicht nur
heimische Pflanzen sondern auch subtropische Gewächse. Bambus, Yuccas,
Agaven und Baumfarn ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, gerade zur Zeit
unseres Besuches leuchten die Rhododendrenblüten in allen Farben.
Auch am Nachmittag werden wir
umgeben von stilvoller cornischer Gartenarchitektur. Auch in den
Trengwainton Gardens umgibt uns eine Vielfalt subtropischer Pflanzen.
Ein Tag, um so richtig die Seele baumeln zu lassen.
Auch der weitere volle Tag in
Cornwall bietet Erlebnisse vom Schönsten. Nahe St. Austell, bekannt
durch den Abbau von Kaolin, lockt das ‚Eden-Projekt’, das als
weltgrößtes Naturmuseum auf seinem Areal über 1oo.ooo Pflanzen
beherbergt. Aus der Erde ragen die wabenförmigen Riesenblasen der
größten Gewächshäuser der Welt. Für den unvorbereiteten Besucher ein
fast futuristisches Erlebnis, in diesen als ‚Biome’ bezeichneten
gigantischen Gewächshäusern zu spazieren. So finden wir in einem 15.ooo
m² großen und 5o m hohen Treibhaus einen ganzen tropischen Regenwald.
Anschließend fahren wir nach Falmouth, in eine Stadt mit einem der besten Naturhäfen der Welt, die ihre Entstehung wohl dem Schmuggel zu verdanken hat, während sie heute vom Tourismus lebt. Von Pendennis Castle, der die Bucht beherrschenden Burg, die Cornwalls größte Festung ist, bieten sich uns faszinierende Ausblicke. Am 7. Reisetag müssen wir
Abschied nehmen von Land’s End. Die Fahrt zur Westküste nördlich von
Newquay vermittelt uns den Eindruck einer wilden zerklüfteten Landschaft
mit steilen Klippen. Es sind die ‚Bedruthan Steps’, nämlich gigantische
Granitblöcke, die in bizarren Formen aus Sandstrand und Meer emporragen.
Auf der Weiterfahrt nach Norden
müssen wir im kleinen Ort Tintagel aus zwei Gründen einen längeren
Aufenthalt nehmen. Sehenswert ist das bezaubernde Old Post Office, ein
unter der Last seines gewellten Schieferdaches gebeugtes Haus aus dem
14. Jahrhundert, in dem einmal das lokale Postamt untergebracht gewesen
ist.
Wesentlich bedeutender ist aber
die Burgruine Tintagel Castle, die in grandioser Lage über der
schäumenden See thront. Hier soll der Legende nach König Artus unter
Anleitung des begnadeten Zauberers Merlin aufgewachsen sein. Uns soll es
nicht kümmern, daß die spektakulär gelegene Burg erst Jahrhunderte nach
König Artus gebaut worden ist und davor auf dem Felsen eine keltische
Klostersiedlung den Mönchen Sicherheit geboten hat. Für den heutigen
Besucher maßgebend ist jedenfalls die überwältigend schöne Szenerie.
Die letzte Station an diesem
Reisetag ist dem wohl berühmtesten Fischerdorf Englands gewidmet,
nämlich Clovelly. Das ganze Dorf steht unter Denkmalschutz, wir werden
wie beim Eintritt in ein Museum abgefertigt und können nach Entrichten
der Eintrittsgebühr auf buckeligen Gassen mit ihrem Kopfsteinpflaster
weit über 1oo Höhenmeter hinab bis zum halbmondförmigen Pier im Hafen
gehen. Auch wenn das Dorf sehr auf Fremdenverkehr zugeschnitten ist, so
beeindrucken doch die winzigen Häuser mit ihrer Blumenpracht und den
hohen Schornsteinen. Kraftfahrzeuge gibt es nicht; vom Hafen werden wir
mit einem Landrover auf einer außerhalb des Dorfes führenden Straße
wieder hochgebracht, soferne wir den steilen Anstieg zum Busparkplatz
scheuen sollten.
Die vorletzte Nacht auf den
Britischen Inseln verbringen wir im Raum Bristol, worauf wir dann im
wahrsten Sinne des Wortes in die römische Geschichte eintauchen. Aquae
Sulis haben die Römer die Stadt mit der einzigen heißen Quelle Englands
genannt. Sie bauten die Bäder, die die später Bath genannte Stadt so
berühmt gemacht haben. Eine zweite Glanzzeit hat der Ort im 18.
Jahrhundert erlebt, als pompöse Villen aus beigefarbenem Bath-Stein
entstanden sind. Ein architektonischer Höhepunkt ist der Royal Crescent,
ein einhundertachtzig Meter langer steinerner Halbmond aus dreißig
Häusern, dessen Front über einhundert jonische Säulen schmücken. Die
römischen Bäder, die Bath Abbey und die oft mit dem Ponte Vecchio in
Florenz verglichene Pulteney Bridge müssen wir unbedingt aufsuchen.
Vorbei an Swindon und Reading
fahren wir nach Windsor, wo Windsor Castle zu einem ausgedehnten Besuch
lockt. Keineswegs können wir in der überaus imposanten mittelalterlichen
Festung alle Schätze besichtigen, vor allem aber die prachtvollen State
Apartments mit erlesenem Mobiliar, kostbaren Gemälden und einmaligen
Waffensammlungen müssen wir in Augenschein nehmen. Die St. George’s
Chapel etwa zählt zu den perfekten Beispielen englischer Gotik.
Weiter geht unsere Fahrt bis
Maidstone, der Hauptstadt der Grafschaft Kent. Nach einer letzten Nacht
auf der Insel dann ein - nicht nur für die technisch Interessierten -
besonderes Erlebnis. Wir fahren nach Calais nicht mit dem Fährschiff
sondern unterirdisch durch den Eurotunnel. Unser Fahrer steuert den Bus
in ein abgeschlossenes Zugsegment; wir können während der reinen
Fahrtzeit von etwa 35 Minuten im Bus sitzen bleiben oder auch herumgehen
und die technischen Informationen studieren. Die Geschwindigkeit des
Zuges von 16o km/h merken wir gar nicht.
Nach der Weiterfahrt mit unserem
Bus von Calais quer durch Frankreich ist Reims das letzte Etappenziel.
Bei einem kleinen Stadtrundgang in dieser alten französischen
Krönungsstadt zeige ich gerne die gotische Kathedrale Notre-Dame, worauf
wir uns auch noch durch eine Champagnerkellerei führen lassen wollen.
Der zehnte und letzte Reisetag bringt uns in die Heimat zurück, voll von Erinnerungen an schöne Landschaften, an interessante Pflanzen und an das Rauschen des Meeres, aber auch an Zeugnisse aus Geschichte, Baukunst und Literatur. Eine trotz der vielen Eindrücke gemütliche Kulturreise, wozu auch die Zwischenübernachtungen sowie das Standorthotel in Land’s End beitragen. Wer aber auf die
Zwischenübernachtungen in Brüssel bzw. Reims mit den entsprechenden
Stadtbesichtigungen sowie auf die ‚Erlebnisse Fährschiff und Fahrt durch
den Eurotunnel’ verzichten will, um drei Tage Zeit zu sparen, der kann
am zweiten Reisetag nach London fliegen und am achten wieder zurück. An
der Rundreise durch Südengland und Cornwall ändert sich für den Fluggast
nichts.
|