Ein Muttertagstraum |
Wenn zum ausgewogenen Programm des Reiseveranstalters und der inneren Freude der äußerst interessierten Reiseteilnehmer noch ein traumhaft schönes Wetter kommt, dann kann eigentlich nichts schief gehen, dann werden auch durch Baustellen bedingte Umleitungen in Ober- und Niederbayern sogar positiv gesehen. Schon die Anreise von Innsbruck zum Chiemsee verläuft so ungewöhnlich rasch, daß wir von Prien/Stock schon früher als geplant zur Herreninsel fahren können. Somit bleibt von vorneherein für die Chiemseeinseln mehr Zeit, die Gemütlichkeit feiert fröhliche Urständ.
Schon die erste Schiffahrt, die uns auf
die Herreninsel bringt, wird genossen. Nach nicht einmal einer
Viertelstunde haben wir wieder festes Land unter den Beinen, auch wenn
es nur der Landungssteg ist. Ich vereine die ganze Gruppe zum ersten
gemeinsamen Bild.
Ohne Schwierigkeit kann ich im
Besucherzentrum der Insel die vorbestellte Schloßführung zeitlich
vorverlegen, worauf sich dann alle Gäste zu Fuß auf den Weg zum Schloß
Herrenchiemsee machen - wegen der frühen Tageszeit stehen die Kutschen
noch nicht zur Verfügung. Wer aber auf dem Weg zum Schloß Hunger und
Durst stillen will, kann vorerst noch einkehren und dann ganz einfach
auf eine spätere Führung umbuchen.
Für uns alle sind aber die Brunnen mit
ihren Fontänen schon in Betrieb; wir genießen vor dem Schloß den
Spaziergang durch Blumen- und Wasserparterre.
Im Schloß darf nicht photographiert
werden - so können wir uns ganz auf die prägnanten Ausführungen unseres
Schloßführers Felix konzentrieren. Zu den einzelnen Räumlichkeiten
erfahren wir interessante Einzelheiten, auch aus dem Leben von König
Ludwig II., der hier nur neun Nächte verbracht hat. Während die
fertiggestellten Räumlichkeiten an Prunk nicht zu übertreffen sind,
bietet etwa ein im Rohzustand befindliches Stiegenhaus Einblicke in die
Architektur. Glanzstück des Schlosses ist sicherlich der Große
Spiegelsaal, der in seiner Ausdehnung jenen von Schloß Versailles - für
König Ludwig II. ist der französische „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. mit
seinen Prachtbauten und seinem Lebensstil das große Vorbild gewesen -
übertrifft. Wir bewundern aber nicht nur die Ausführung sondern auch die
Ideen, die der „Märchenkönig“ eingebracht hat.
Nur in der Vorhalle des Schlosses darf ich eine Statue im Bild festhalten, um wenigstens etwas aus diesem mitzunehmen. Über das Leben und die sonstigen Vorhaben von König Ludwig II. wird umfassend im angeschlossenen Museum informiert, wenn auch vieles unklar bleibt und bleiben muß. So ist der Ausspruch des Königs verständlich: „Ein Rätsel will ich bleiben - mir und anderen“.
Für zwei Gäste, nämlich den Zoologen
Univ. Prof. Dr. Schedl und einen seiner Studenten, bietet der Lichthof
des Königsschlosses noch eine zusätzliche Attraktion. Die Ausstellung „Herrenchiemsee
– Insel der Fledermäuse“ verdient ihr volles Interesse, kommen doch auf
dieser Insel 15 von 23 Fledermausarten Bayerns vor. Aber auch die
Nichtfachleute erhalten viele interessante Informationen.
Teils wieder zu Fuß, teils aber mit der
Kutsche, von der aus ein letzter Blick auf das Blumenparterre geworfen
wird, geht es zurück Richtung Landungssteg. Zuvor muß aber noch das Alte
Schloß mit seinen Museen und Schauräumen besucht werden. Auch in diesem
darf nicht photographiert werden, doch die Hinweistafeln vor dem Eingang
„Galerie Maler am Chiemsee“ und „Galerie Julius Exter“ weisen auf das
kunsthistorische Erlebnis hin. Das milde Klima sowie das sanfte Licht
des Chiemgaus haben viele Maler, so auch Professor Exter, dazu bewogen,
ihr künstlerisches Schaffen hierher zu verlegen.
Wer noch nicht auf dem Weg zum Schloß
Herrenchiemsee im Biergarten Halt gemacht hat, der muß jetzt noch knapp
vor dem Zwölf-Uhr-Läuten zu einer Weißwurst einkehren. Einige Tische
werden von uns in Beschlag genommen.
Doch dann geht es weiter, der Fraueninsel
zu. Auf dem Schiff genießen alle die ruhige Überfahrt, auf Deck unter
nunmehr tiefblauem Himmel oder unter Deck knapp über der Wasserlinie.
Der Kirchturm mit der „Welschen Haube“
taucht auf, von der Hauptanlegestelle ist es nicht mehr weit zum
Klosterkomplex. Von der Torhalle aus bietet sich d e r Blick, der
für den ganzen Chiemgau symbolhaft ist.
In der Kirche findet gerade eine Taufe
statt, sodaß ich mit den Gästen nicht herumgehen kann. Ich kann aber
zumindest Geschichte und Kunstwerke des Gotteshauses erklären. Nach der
„Kultur“ kommt aber die „Natur“ zum Zug. Eine Wanderung auf dem Uferweg
bietet Einblicke in die Tier- und Pflanzenwelt der kleinen Insel.
Und noch ein Gast hat ein besonderes
Erlebnis. Frau Gottfrieda Krismer, genannt „Fritzi“, entdeckt Fritzis
Biergarten. Dabei ist sie doch keine Biertrinkerin und sammelt nur für
einen ihrer Enkelsöhne Bierdeckel.
Von der nördlichen Anlegestelle legen wir
zur letzten Schiffahrt dieses Tages ab, in wenigen Minuten ist Gstadt
erreicht, wo schon unser Fahrer Wolfgang mit dem Bus auf uns wartet.
Durch die liebliche Landschaft des Alpenvorlandes fahren wir Richtung
Landshut. Umleitungen, die eine Verspätung von weit über einer halben
Stunde nach sich ziehen, haben auch etwas Schönes: Wir fahren zwischen
dutzenden Rapsfeldern durch, eine richtige Augenweide. Doch dann taucht
schon die Burg Trausnitz auf, die die alte Herzogsstadt Landshut von der
Höhe aus beherrscht. Bevor wir unser Hotel aufsuchen, muß ich meinen
Gästen noch rasch die Altstadt und vor allem die Stiftskirche St. Martin
zeigen.
Mit 13o.6 Metern ist der Turm der
Martinskirche der höchste Backsteinkirchturm der Welt. Wie Puppenhäuser
sehen daneben die ansehnlichen Bürgerbauten der Altstadt aus. Aber auch
im Inneren ist die Kirche eine eingehende Besichtigung wert. Unter den
vielen Kunstwerken sticht die Madonna von Hans Leinberger heraus.
Unser Bummel auf der Altstadt - so heißt
nämlich diese schöne, fast platzähnliche Straße - führt uns bis zum
gotischen Rathaus und der ihm gegenüber liegenden Stadtresidenz, einem
Palast im Stile der italienischen Renaissance.
Jetzt aber wird es Zeit, das von uns
gebuchte Hotel Lifestyle aufzusuchen, an dessen Rezeption wir von Frau
Beatrix Prell freundlich empfangen werden.
Die schönen Zimmer sind rasch bezogen,
wir freuen uns auf das Abendessen, wobei jeder seinem Geschmack
entsprechend speisen kann. Ich habe nämlich vom Bus aus die Wünsche -
Fleisch, Fisch oder vegetarisch - durchgegeben. Lange sitzen wir noch in
dem geschmackvoll eingerichteten und durch Kerzen erleuchteten
Speisesaal. Mit etwas Phantasie können wir einen feinen Kakaogeruch
wahrnehmen, da das Hotel in unmittelbarer Nähe einer altehrwürdigen
Schokoladefertigung gelegen ist.
Auch wenn der Tag nicht anstrengend
gewesen ist, so ist er doch etwas lange und auch sehr erlebnisreich
gewesen. So fallen wir müde in die Betten. Wie wird wohl das Frühstück
nach dem feinen Abendessen ausfallen? Auch hier ist jeder Gast vollauf
begeistert, denn das Frühstücksbuffet unseres ***Hotels würde einem
*****Hotel alle Ehre machen! Während ich rundum in glückliche Gesichter
blicke, erhebe ich mein Sektglas auf den zweiten Tag dieser netten
Kulturreise. Daß es auch im Hotel ohne Hast und Eile abgeht, zeigt die
Ruhe – von einer „Schlacht am Buffet“ keine Spur.
Gestärkt brechen wir auf Richtung
Tuttmonig, wiederum werden wir „durch die Lande geschickt“. Aber heute
nimmt uns die Umleitung nicht so viel Zeit weg. Außer den schon üblichen
Rapsfeldern in der sanftwelligen Landschaft stoßen wir auf Dutzende alte
und uralte Feuerwehrautos, die offensichtlich zu einem Treffen unterwegs
sind. Auch das muß man erleben!
Während der Fahrt erfreuen sich die Gäste
an den Muttertagsgeschenken, die ich am Vorabend habe verteilen dürfen
und die viel Freude bereitet haben. Ihren sechs Kindern, die allerdings
schon längst erwachsen sind, wird Frau Theresia Peischer viel Schönes
erzählen können.
Auf dem Weg nach Tuttmonig durchfahren
wir Burghausen und können bereits das Ausmaß der Burganlage erahnen. An
der Salzach, dem Grenzfluß zwischen dem Freistaat Bayern und unserem
Bundesland Salzburg, liegt die Plätte „Hadwiga“ für unsere Gruppe
bereit. In Erwartung von geruhsamen neunzig Minuten steigen wir ein, für
die meisten von uns ein erstmaliges Erlebnis.
Nur zum Ablegen benötigt unser
Schiffsführer Georg, genannt „Girgl“, den Motor. Dann treibt das Boot
mit der Strömung langsam flußabwärts so wie seinerzeit die mit Salz
beladenen Schiffe die Salzach hinunter gefahren sind. Unsere Begleiterin
Hanni läßt launig Bemerkungen zur Geschichte der Schiffahrt, zu den
Überschwemmungen und zu den Sehenswürdigkeiten am Ufer, wie etwa zur
doppeltürmigen Wallfahrtskirche Marienberg, „vom Stapel“.
Im Boot ist allen die Fröhlichkeit ins
Gesicht geschrieben. Das Südtiroler Ehepaar Gilli genießt genauso wie
Herr Schweighofer aus Hall, der das einheimische Bier testet.
Gegen Mittag taucht unverkennbar
Burghausen auf, unser Ziel für die nächsten Stunden. Ist es möglich, daß
eineinhalb Stunden so unmerklich vergehen können? Lange hätten wir noch
fahren können, doch der selbst gesteckte Zeitplan ist einzuhalten.
Der Landeplatz ist erreicht, zum
Stadtplatz ist es nicht weit. Ich steuere dort den „Bayerischen Hof“ an,
denn „Seeluft macht hungrig“. Wir können alle im Freien sitzen und
oberbayerische Schmankerl genießen. Rundum nach wie vor fröhliche
Gesichter - sowohl in Erwartung des Guten als auch während des
Schmausens.
Die Zeit ist so eingeteilt, daß wir bis
zum nächsten Termin auch noch die Patisserie des feinen Lokals prüfen
und loben können. Dann aber werden wir um Punkt 14 Uhr von unserer
Burgführerin, Frau Marianne Richter, am Burgeingang, wohin uns unser
Fahrer Wolfgang mit dem Bus bringt, erwartet. Geschichte und
Kulturgeschichte, aber auch die Gegenwart mit ihren Problemen werden uns
nahe gebracht. Über eineinhalb Stunden tolle Information - und das bei
26 ° C im Schatten! - wird gerne entgegengenommen, auch wenn so manch
einer dann weiß, „was er geleistet hat“.
Zwischendurch ein Blick auf die Salzach
und die Altstadt hinunter, wobei sich immer wieder neue Perspektiven
ergeben. Die mit 1o43 Meter Länge größte Burganlage Deutschlands bietet
einfach zu viel.
Die meisten Gäste kenne ich von früheren
Reisen her. So kann ich an vergangene Erlebnisse anknüpfen und künftige
Reiseziele besprechen. Da ich mit den Eheleuten Schweighofer den Pilatus
erklommen habe, kann ich im Gespräch mit Frau Schweighofer die Reise in
die Eidgenossenschaft aufleben lassen.
Im Bus ist es dann „angenehm kühl“, doch
müssen wir schon bald wieder aussteigen. Ich möchte nämlich noch ein
Gruppenbild mit der Burganlage im Hintergrund aufnehmen, wobei sich die
Gäste im schattigen Vordergrund befinden.
Jetzt fordert die Hitze aber doch so
manches Opfer. Im ruhig dahin rollenden Bus schläft es sich sehr gut. Da
die Weiterfahrt entlang des Chiemsees und dann durch das Inntal erfolgt,
ist die Landschaft ohnehin bekannt, sodaß niemand etwas versäumt. Im
Rasthaus Angath legen wir aber noch eine Kaffeepause ein, wobei die
Eheleute Hofer, die mit mir im Tessin gewesen sind, die Freude
ausstrahlen, die alle empfinden.
Die Weiterfahrt verkürze ich mit einem Film über König Ludwig II. als Ergänzung zu Schloßbesuch und meinen schriftlichen und mündlichen Informationen. Zur vorgegebenen Zeit erreichen wir die Ausgangsorte, womit die zwar kurze, aber doch interessante „Muttertagsfahrt nach Bayern“ zu Ende geht – wie mir eine Dame erklärt hat: „Ein Muttertagstraum“. |