Toskana im Frühling
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Für die wohl schon als ‚klassisch’ zu bezeichnende Toskana-Rundreise, die uns in vier der wichtigsten Städte der nördlichen Toskana bringt, liegt unser Hotel in Montecatini Terme, dem vielleicht bekanntesten italienischen Kurort, geradezu ideal. Da auch das Wetter mitspielt, hält die Vier-Tage-Reise vom 22. bis 25. Mai 2oo8 das, was sie versprochen hat. Auf der Fahrt zum Urlaubsort
kann ich schon die Gäste ‚in Bild und Ton’ einstimmen, bereits am frühen
Nachmittag kommen wir in unserem Standorthotel, dem Hotel Giglio, an.
Bis zum Abendessen in unserem Hotel bleibt noch Zeit zum
‚Akklimatisieren’, dann ist ein Stadtbummel angesagt.
In unserem Hotel werden wir noch ganz offiziell mit Prosecco begrüßt, dann können wir im wahrsten Sinne des Wortes speisen. Fühlen wir uns schon in unserem familiär geführten Hotel äußerst wohl, so gibt es beim fünfgängigen Abendmenü wohl keine Steigerung mehr. Der zweite Reisetag ist Florenz
vorbehalten. Hinsichtlich der Abfahrt müssen wir uns an die in
Montecatini Terme herrschenden Gepflogenheiten halten und treffen erst
nach 1o Uhr vormittags in der Hauptstadt der Toskana ein. Vor der Kirche
Santa Croce begrüßt uns einer der größten Söhne der Stadt, nämlich der
große Dichter und Schöpfer der italienischen Hochsprache, Dante
Alighieri. Auch wenn er in Ravenna in der Verbannung gestorben ist, so
hat ihn doch seine Heimatstadt nachträglich vor und in dieser Kirche
gewürdigt.
Je näher wir der ‚touristischen
Hauptachse’ der Stadt kommen, desto größer wird der ohrenbetäubende
Wirbel. Auf der Piazza della Signoria angelangt, erkennen wir, was so
lautstark die Szene beherrscht. Es wird heute des 51o. Todestages des
Ordensmannes, Bußpredigers, Politikers und letztendlich Märtyrers
Girolamo Savonarola gedacht: ‚e il giorno del martirio’. Ich verstehe
das eigene Worte nicht mehr und kann nur noch das Geschehen mit den
Sinnen und der Kamera aufnehmen. An der Stelle, an der Savonarola
verbrannt worden ist, wird ein Kranz niedergelegt.
Aber auch das ‚Freilichtmuseum’
muß ich natürlich festhalten, soweit sich die weltberühmten Kunstwerke
bei diesem Gedränge dem Betrachter überhaupt bieten.
Der Weg zum Arno, dessen Wasser
heute schmutzig braun ist, führt zwischen den Flügeln der Uffizien
hindurch. Der Ponte Vecchio taucht auf. Die Brücke ist seit Großherzog
Ferdinand I. den Goldschmieden vorbehalten. Doch von geruhsamem
Schaufensterbummel keine Rede, sind uns doch die Trommler von der Piazza
della Signoria hierher gefolgt.
Ob vielleicht auf dem Domplatz
das Gedränge geringer ist? Weit gefehlt! Zumindest unmittelbar vor Dom
und Campanile drängen sich die Massen. Die dem Dom zugewandte östliche
Haupttüre des Baptisteriums, die ‚Porta del Paradiso’, ist regelrecht
belagert. Da – anders als in Pisa – der Domplatz rundherum dicht verbaut
ist, kann ich die drei Gebäude des Domplatzes, nämlich Dom, Campanile
und Baptisterium, nicht einmal gemeinsam auf ein Bild bekommen. Die
gewaltige Kuppel des Doms, von dessen Laterne sich eine wunderbare
Aussicht ergibt (hinter dem Geländer sind die Besucher zu sehen),
überragt den viereckigen Campanile, der mit seiner Marmorverkleidung zu
den schönsten Glockentürmen Italiens zählt, bei weitem.
Vor der Rückfahrt nach
Montecatini Terme habe ich für meine Gäste noch ein ‚Gustostückerl’
vorgesehen, nämlich den Blick über Florenz von der Piazzale Michelangelo
aus, auf der sich – so wie auf der Piazza della Signoria – eine Kopie
von Michelangelos David befindet. Das Arnotal mit Florenz liegt uns zu
Füßen.
Nach dem erlebnisreichen Ausflug
nach Florenz folgt nach dem Abendessen ein gemütlicher Bummel durch
unseren Kurort. Vorbei ziehen wir an den Thermalbädern zur
Standseilbahn, die uns nach Montecatini Alto hinaufbringt.
Einerseits genießen wir von oben
den phantastischen Ausblick auf die im Tal entflammten Lichter,
andererseits haben wir die Kirche ‚ Pieve di San Pietro’ im Auge. Leider
können wir infolge der fortgeschrittenen Tageszeit nicht mehr die Kirche
betreten; ihr Schmuckstück, nämlich eine Krippe im Zeitraffer des
Tagesablaufes, wäre allein schon einen Besuch wert. Beim Genuß
vorzüglichen heimischen Weines werden die Digitalbilder überprüft.
Der dritte Reisetag führt uns
zuerst nach Siena, in das zweite große Kunstzentrum der Toskana. Auf
Grund ihrer Lage und der einheitlichen Bauweise soll Siena sogar die
schönste Stadt der Toskana sein. Vor der Dominikanerkirche, einem
burgartigen Backsteinbau mit zinnenbekröntem Campanile, erwartet uns die
Stadtführerin Federica, die uns in gutem Deutsch mit südländischem
Temperament und enormem Fachwissen, beflügelt durch die Liebe zu ihrer
Heimatstadt, Geschichte und Gegenwart Sienas vermittelt. So stelle ich
mir eine Stadtführerin vor, wie sie aber auch meine Gäste erwarten!
Federica führt uns zuerst durch
das Innere der Dominikanerkirche und zeigt uns das Haupt der hlg.
Katharina. Sodann bummelt sie mit uns durch die Stadt, wartet mit den
Photographen an den schönsten Punkten und erreicht mit uns den Dom, vor
welchem unser kunstbeflissener Fahrer Andi zu uns stößt. Da die Fassade
– wieder einmal – renoviert wird, kann ich kein Bild ohne Kran, Gerüst
oder Leinwandverhang aufnehmen.
Dafür bietet aber das Innere des
Doms umso mehr an Kunstschätzen. Einerseits der fast mystische
Gesamteindruck mit seinen gleichmäßigen Lagen von schwarzem und weißem
Marmor. Andererseits der einzigartige Marmorfußboden mit seinen 56 in
Sgraffito- bzw. Intarsientechnik ausgeführten Bildern mit Szenen von der
Vorzeit bis zum Kreuzestod Christi. Schließlich aber die Libreria
Piccolomini, eine der schönsten und besterhaltenen Schöpfungen der
Renaissance.
Auch auf dem weiteren Weg weiß
uns Federica zu fesseln. Vorbei an Erinnerungen an die Römerzeit und
prachtvollen Palästen aus der Zeit der Gotik erreichen wir schließlich
das Herz der Stadt, die Piazza del Campo.
Auf diesem Platz, der wohl eine
der schönsten städtebaulichen Raumschöpfungen darstellt, verabschiedet
sich Federica von uns. Wir verharren noch eine Weile in einem der
Kaffeehäuser und genießen die Stimmung.
Am vereinbarten Treffpunkt holt
uns unser Fahrer Andi, der zeitgerecht zum Bus zurückgegangen ist, ab.
Weiter geht die Fahrt nach San Gimignano. Da alle Gäste von mir einen
Stadtplan erhalten haben, machen sie sich selbständig, jedoch trifft
‚man sich wieder’, etwa auf dem Weg zur Rocca, um vom höchsten Punkt der
Stadt die überwältigende Aussicht auf die Geschlechtertürme und das
weite Land zu genießen.
Ich besteige mit einigen Gästen
zusätzlich den höchsten der Geschlechtertürme, um den Blick auf den von
Türmen und Bürgerhäusern aus dem 13. und 14. Jahrhundert umgebenen
Zisternenplatz zu bekommen. Ein Aufstieg, der sich lohnt!
Aber auch von dieser so interessanten Stadt heißt es Abschied nehmen, eine längere Autobahnfahrt bis zu unserem Thermal-Kurort steht uns noch bevor. Für zwei Gäste trifft diese Bezeichnung ‚Thermal-Kurort’ besonders zu, da sie anstelle des Ausfluges nach Siena und San Gimignano sich den ganzen Tag in einem der so verschwenderisch ausgestatteten Thermalbäder tummeln. Gesundheit pur wird getankt! Am Rückreisetag steht noch ein
kulturhistorisches Schmankerl auf dem Programm, da es gilt, Pisa
aufzusuchen. Am Morgen meint es allerdings das Wetter erstmalig nicht
gut mit uns, es regnet leicht. Doch während der über zwei Stunden in
Pisa lacht die Sonne, um dann wieder hinter Regenwolken zu verschwinden.
Der Platz der Wunder fasziniert immer wieder aufs Neue. Während der Dom innen wegen Bauarbeiten nur bis zu einer Absperrung betreten werden kann, bietet sich das Baptisterium mit seinem marmornen Taufbecken und der freistehenden Kanzel in seiner ganzen Pracht dar. Da für alle Photographen ein Bild von Dom und – nicht mehr so schiefem – Turm geradezu Pflicht ist, stellt sich für mich eine kleine Gruppe auf. Nach einem Abstecher nach Marina
di Pisa fahren wir auf der Autobahn nordwärts, überqueren den Apennin
auf dem Cisa-Paß Richtung Parma und vorbei an Modena, Mantua und Verona
geht es Richtung Alpen. Eine gemütliche Kulturreise geht zu Ende, die
Erinnerung an die schönen Tage in der Toskana aber bleibt.
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