Drei erlebnisreiche Tage in der Eidgenossenschaft |
Nach den beiden Zwei-Tage-Reisen in die Eidgenossenschaft vom Juni und September 2oo7 möchte ich erstmals mit einer gemütlichen Drei-Tage-Reise meinen Gästen vertieftes Erlebnis und vor allem noch mehr Gemütlichkeit vermitteln. Um es gleich vorwegzunehmen: Ich habe die gesteckten Ziele erreichen können, wobei wir – gerade was die Auffahrt auf die Rigi betroffen hat – vom Wetter äußerst begünstigt gewesen sind. Doch der Reihe nach. Mit banger Erwartung, was
nämlich die Wettervorhersage betrifft, starten wir am 25. April 2oo8 von
Tirol aus nach Westen. Von den Tunnels im Arlberggebiet merken die Gäste
im bequemen Bus gar nichts, da ich einen Film über den „Rheinfall im
Laufe der Jahreszeiten“ bringe. So wissen die wenigen Gäste, die das
„Erlebnis Rheinfall“ noch nicht gehabt haben, gleich, was sie erwartet.
Bevor uns aber die gischtenden
Massen des größten Wasserfalls Europas in ihren Bann ziehen, wir also
ein einmaliges Schauspiel der Natur erleben dürfen, ist in Schaffhausen
Kultur angesagt. Diese vermittelt uns in altbewährter Weise eine mir von
früheren Reisen her bekannte Stadtführerin, die exzellent ihre
Heimatstadt in Geschichte und Gegenwart vorstellt und uns nahe dem
Kastell Munot, dem Wahrzeichen der Stadt, empfängt. Hinsichtlich des
Bauplanes dieses Rundbaues mit zwei Wehrgängen und einem Festungsgraben,
der letzten mittelalterlichen Festung, die in der Schweiz gebaut worden
ist, sind sich die Wissenschafter nicht einig. Die früher vertretene
Ansicht, das Kastell sei nach Albrecht Dürers Festungsbaulehre errichtet
worden, wird nicht mehr allgemein geteilt.
Dann aber geht es durch die
Altstadt mit ihren vielen Brunnen und 171 Erkern – ein farbenfrohes Bild
der historisch gewachsenen Stadt. Auch wenn Schaffhausen nicht zu den
vier Schweizer Austragungsorten der EURO2008 zählt, so weisen doch viele
Auslagen von Geschäften auf dieses fußballerische Großereignis hin.
Nahe dem ehemaligen Kloster
Allerheiligen werden wir zur Osannaglocke geführt, die Friedrich von
Schiller zum „Lied von der Glocke“ angeregt hat und auf der wir lesen
können „Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango“.
In der ursprünglichen Kirche des
Benediktinerklosters, einer eintürmigen Säulenbasilika – nunmehr
evangelische Stadtkirche – lebt die Geschichte der Stadt, in der 1529
die Reformation Einzug gehalten hat, auf. Im Gegensatz zu diesem
heiligen Ort erinnert aber noch vieles in der Stadt an einen
verheerenden Luftangriff, als amerikanische Flugzeuge, die früher schon
u.a. Basel und Zürich bombardiert gehabt hatten, am 1. April 1944 Bomben
auf die Stadt abgeworfen haben, die 4o Bürgern des Kantons Schaffhausen
das Leben gekostet haben.
Der Stadtbummel geht weiter,
besonders zieht uns das ‚Haus zum Ritter’ an, dessen Fassadenmalerei zu
einem der Schmuckstücke der kunsthistorisch so reichen Altstadt zählt.
Unsere Stadtführerin weiß den
Rundgang so spannend zu gestalten, daß nicht einmal ein Gewitterregen
die gute Laune dämpfen kann. Bewaffnet mit Regenschutz ziehen wir
unverdrossen weiter, doch gegen Ende der Führungszeit klart es
vorübergehend wieder auf. Hätte die Stadtführerin nicht einen weiteren
Termin gehabt, wir hätten ihr noch stundenlang zuhören können.
Nunmehr ist aber die
Mittagspause am Rheinfall angesagt. Zwischen zwei Regengüssen
organisiere ich mit einem offenen Boot von Rhyfall-Mändli die Fahrt zum
Felsen, wobei der Steuermann alle Kunst aufwenden muß, um bei dem heute
gewaltig tosenden Wasser sicher zur Anlegestelle in der Mitte des Falles
zu steuern. Mit Selbstauslöser gelingt es mir, mich vor den Wassermassen
einmal ins Bild zu bringen; auf der Rückfahrt zum Schlössli Wörth halte
ich noch zwei ob des bisherigen Erlebnisses überglückliche Gäste im Bild
fest.
Aber dann heißt es Abschied
nehmen von der ersten Station unserer „Erlebnisfahrt“ – Luzern ruft. Auf
der Nationalstraße – nur Zürich müssen wir durchqueren – geht es rasch
zum Vierwaldstätter See, wo wir nach kurzer Stadtrundfahrt das mir
bereits bestens bekannte NH-Hotel beziehen. Nach dem Abendessen vereint
uns dann ein Bummel, der uns durch das bereits nächtliche Luzern führt.
Vom Seerestaurant „Wilhelm Tell“ blicken wir auf d a s Wahrzeichen von
Luzern, die Kapellbrücke mit dem Wasserturm, und bummeln dann an der
Jesuitenkirche vorbei, in der die aktuellen politischen Ereignisse nicht
Halt machen. In der überfüllten Kirche eine Messe, vor ihr ruft eine
eindrucksvolle Demonstration mit Lichterketten auf, Tibet nicht zu
vergessen.
Der zweite Reisetag bringt dann d a s angekündigte Erlebnis, nämlich die Schiffahrt von Luzern nach Vitznau, die Fahrt mit der Zahnradbahn hinauf nach Rigi Kulm und ein Stück zurück nach Rigi Kaltbad und von dort mit der Luftseilbahn nach Weggis, von wo aus wir mit unserem Fahrer Udo in unserem Bus wieder zum Hotel zurückfahren. Nach genußvoller Schiffahrt
kommt die Station Weggis in Sicht, über Bordlautsprecher werden „wir
Tiroler“ gebeten, in die Zahnradbahn umzusteigen. Während wir vor dem
für uns reservierten Wagen überaus freundlich empfangen werden, fährt
das Kursschiff schon wieder weiter.
Die Reisegäste, die die
überwältigende Aussicht genießen, strahlen so richtig eine von innen
kommende Fröhlichkeit aus.
Während es im Schaffhausen
zeitweise im Strömen geregnet gehabt hat, muß es hier auf der Rigi – wir
erklimmen von der Bergstation der ältesten Zahnradbahn Europas den mit
1797 m Meereshöhe höchsten Gipfel – heftig geschneit haben. Zu unserer
reinsten Freude spannt sich aber nunmehr ein blauer Himmel über der
„Regina montium“, der „Königin der Berge“. Natürlich wieder Anlaß für
mich, ein Gruppenbild zu schießen und die Bahn aufzunehmen, die uns in
diese atemberaubende Höhe heraufgebracht hat.
Zu rasch vergeht die Zeit, wir
müssen Abschied nehmen von der Höhe, doch können wir bis Rigi-Kaltbad
noch einmal mit der Zahnradbahn fahren. Die gute Laune ist allen
anzusehen; in Rigi-Kaltbad sticht mir ein lustiges Motiv ins Auge. Ob
der Gast, der auf der Bank Platz genommen hat, gewußt hat, wo er sich
hingesetzt hat?
Auf dem Weg zur Bergstation der
Luftseilbahn wiederum nur fröhliche Gesichter, in Weggis dann wieder ein
Gruppenbild, wobei dieses Mal mit den Gästen auch unser Fahrer Udo dabei
ist.
Da es bereits gegen 2 Uhr
nachmittags ist und somit nur noch für einen informativen Besuch des
Verkehrshauses der Schweiz Zeit bliebe, beschließen wir, das doch
gegenüber unserem Hotel befindliche Bourbaki-Panorama aufzusuchen. Von
der Geschäftleitung habe ich eine Ausnahmegenehmigung vom ansonsten
herrschenden Photographierverbot erhalten, sodaß ich eine der
bekanntesten Szenen des Rundgemäldes im Bild einfangen kann.
Das Bourbaki-Panorama stellt künstlerisch meisterhaft den Übertritt der französischen Ostarmee auf Schweizer Gebiet und deren Entwaffnung im Jänner 1871 dar, wobei Vordergrund und bemalte Rundumleinwand ineinander übergehen. Erst bei genauer Betrachtung kann man feststellen, daß der letzte Waggon des Eisenbahnzuges auf Schienen steht, während der übrige Teil auf die Leinwand gemalt worden ist. Die meisten Gäste, die tief ergriffen sind, hören sich über Lautsprecher die äußerst nahe gehende Erklärung dieser Episode aus dem deutsch-französischen Krieg von 187o/71 sogar zweimal an. Unser Weg führt uns dann zum
Löwendenkmal, das im Hinblick auf den Heldentod der zum Schutz des
französischen Königs abgestellten Schweizer Garde ebenfalls aus der
eidgenössischen Geschichte nicht wegzudenken ist. Während dann die
meisten Gäste die Stadt stürmen, besuche ich mit einigen weiteren den
Gletschergarten, wo wir einerseits auf den Spuren der letzten Eiszeit
wandeln und Gletschertöpfe und Findlinge in Augenschein nehmen, wo wir
aber andererseits eine Zeit erleben, als im Gebiet der heutigen Schweiz
noch tropisches Klima geherrscht hat.
So kommt am zweiten Reisetag noch jeder auf seine Rechnung, das vorzügliche Abendessen im Hotel vereint uns dann wieder. Der dritte und letzte Reisetag
ist dann noch gemütlicher. Nach ausgiebigem Frühstücksbuffet machen wir
uns auf den Weg, wobei die erste Station der Küssnachter See ist, an
dessen Ufer eine Kapelle an die hier 1935 tödlich verunglückte belgische
Königin Astrid erinnert. Dann aber zieht uns wieder die Schweizer
Geschichte in ihren Bann. Die Hohle Gasse, in der Tell den Landvogt
Gessler erschossen haben soll, verdient unsere volle Aufmerksamkeit.
Wer nicht weiß, daß die Straße in den Dreißigerjahren des 2o.
Jahrhunderts durch Anbringung von gewaltigen Steinquadern – unter
gleichzeitiger Anlegung einer Umfahrungsstraße – rückgebaut worden ist,
kann sich nicht vorstellen, daß dies einst die einzige Verbindung von
Immensee nach Küssnacht gewesen ist. Auf dieser Straße wandern wir zur
Tellskapelle hinauf, über deren Portal im Inneren Tells Tod dargestellt
ist. Wilhelm Tell soll bei Rettung eines Knaben aus einem Hochwasser
führenden Bach ertrunken sein.
Im Informationsstand am Beginn
der Hohlen Gasse erfahren wir noch viele Einzelheiten aus der Schweizer
Geschichte, dann aber geht es weiter, immer dem Ufer des Vierwaldstätter
Sees entlang. In Brunnen biegen wir nach Süden um – die Tellsplatte ist
unser Ziel. Auf dem Weg zum Wasser hinunter stellen wir fest, daß die
Rinder des Kantons Uri noch ihre Hörner tragen dürfen.
Dort wo sich Wilhelm Tell vom
Boot des Landvogts Gessler ans Ufer gerettet haben soll, steht heute
eine Kapelle, in der vier Episoden aus der Tellsage vom Basler Maler
Ernst Stückelberg festgehalten worden sind. Rütlisprung, Apfelschuß,
Tellsprung und Gesslers Tod in der Hohlen Gasse gilt es zu bestaunen.
Die gemütliche Heimfahrt geht
aber weiter. In Schwyz machen wir kurz vor dem Rathaus Halt, um die
prächtige Fassade mit der Darstellung der Schlacht von Morgarten in uns
aufzunehmen. Bald aber erreichen wir Einsiedeln, wo ich einen längeren
Aufenthalt vorgesehen habe. So kann jeder Gast nach Gutdünken beliebig
lange das Innere der Klosterkirche mit der Gnadenkapelle auf sich wirken
lassen oder Panorama bzw. Diorama aufsuchen. Aber auch die Gastronomie
wird getestet und – wie auf der ganzen Reise – für vorzüglich befunden.
Nach diesem letzten längeren
Aufenthalt machen wir uns glücklich und zufrieden auf den Weg zurück in
unsere Heimat, voll mit Eindrücken aus unserem schönen Nachbarland. Auch
wenn es nur eine kurze Reise ist, so bietet sie doch genügend Schönes
und Interessantes aus Kunst- und Religionsgeschichte, aus politischer
Geschichte und aus Technik, aber auch an einmalig schöner Landschaft.
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