Romantik an Rhein und Mosel

 

Die von mir geleiteten Herbstreisen an Rhein und Mosel sind bei den Gästen derart gut angekommen, daß ich auch heuer das bewährte Programm beibehalte. Ich habe seit Jahren viel Schönes vermitteln können und selbst für meine Gäste immer wieder Neues entdeckt, sodaß es sich lohnt, das gleiche Ziel mehrfach anzusteuern. Denn es gibt einfach keine vollkommen identischen Reisen!

So fahre ich also auch in diesem Jahr an Rhein und Mosel, wobei die Fünf-Tage-Reise am 22. Oktober 2oo8 beginnt. Die Weinlese einerseits und das doch beständige Herbstwetter andererseits bestimmen den Zeitpunkt; die Rückreise erfolgt auch heuer wieder am „Fünfundzwanzig-Stunden-Tag“, sodaß der kleine Umweg über die Eidgenossenschaft zeitlich leicht zu schaffen ist. Außerdem verlängert und vertieft sich dann das „Erlebnis Rhein“.
 


 

Der Rhein ist die bedeutendste Wasserstraße und zugleich einer der landschaftlich schönsten Ströme Europas, der sechs Staaten durchfließt oder zumindest berührt (Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland, Frankreich und die Niederlande). Vom insgesamt 132o km langen Fluß entfallen 375 km auf sein Ursprungsland, die Schweiz. Die Herkunft des Flußnamens Rhein ist nicht schlüssig geklärt. Vermutet wird eine frühe Ableitung vom intransitiven deutschen Zeitwort „rinnen“. Die Kelten nannten den Strom „Renos“, die Römer „Rhenus“. Auf rätoromanisch heißt er „Rein“, auf italienisch „Reno, auf französisch „Rhin, auf niederländisch „Rijn und auf englisch „Rhine“. Im Volksmund heißt der Strom „Vater Rhein.

Das Quellgebiet des Rheins befindet sich im Osten des Gotthardmassivs, wobei die beiden Hauptarme auf den ersten knapp siebzig Kilometern getrennt fließen. Der Vorderrhein beginnt am Ausfluß des kleinen Toma-Sees am Fuße des 2928 m hohen Berges Badus rund 3 km Luftlinie südlich vom Oberalppaß. Der Hinterrhein entspringt etwa 35 km Luftlinie weiter südöstlich vom Firnfeld zwischen dem 32oo m hohen Rheinquellhorn und dem 34o2 m hohen Rheinwaldhorn, etwa 8 km westlich des untertunnelten San-Bernardino-Passes. Die beiden durch zahlreiche Gletscherbäche und Zuflüsse gespeisten Rheinarme vereinigen sich bei Reichenau/Tamins, rund 9 km westlich von Chur, zum eigentlichen Rhein, der bis zum Bodensee auch Alpenrhein genannt wird. Er durchfließt sodann in etwa 6o Tagen den Bodensee, bildet dann später den Rheinfall bei Schaffhausen und fließt als Hochrhein nach Basel. Dort wendet er sich nach Norden und durchzieht als Oberrhein die Oberrheinische Tiefebene. Zwischen Mainz und Bingen fließt er nach Westen und durchströmt dann nordwestwärts als Mittelrhein das Rheinische Schiefergebirge; unterhalb von Bonn heißt der Fluß dann Niederrhein. Auf niederländischem Gebiet verzweigt sich der Rhein in mehrere Mündungsarme, die sich in die Nordsee ergießen. 

Es besteht im Oberlauf ein relativ starkes Stromgefälle: Bodensee 395 m, Basel 25o m, Mainz 8o m, Koblenz 6o m und Emmerich nur noch 1o m über dem Meeresspiegel.

Seit der Antike ist der Rhein heiß umkämpft, in vielen Gedichten und Liedern wird er besungen. Neben der Hymne des Deutschen Kaiserreichs „Heil Dir im Siegerkranz“ hat die „Wacht am Rhein“ nach dem vom französischen Kaiserreich 187o begonnenen Krieg die Stellung einer deutschen Volkshymne errungen.
 


 

Die Mosel ist mit 545 km Länge einer der bedeutendsten Nebenflüsse des Rheins. Ihren Namen „Mosella“ („die kleine Maas“) haben ihr die Römer gegeben. Die Mosel entspringt in den südlichen Vogesen; zwischen Perl und der Einmündung der Sauer bildet sie die natürliche Grenze zwischen dem Großherzogtum Luxemburg und der Bundesrepublik Deutschland. Der landschaftlich schönste Abschnitt des Moseltales liegt zwischen Trier und Koblenz, wo die Mosel in den Rhein mündet. Sie durchschneidet zwischen der Eifel im Norden und dem Hunsrück im Süden das Rheinische Schiefergebirge. Das Landschaftsbild wird besonders zwischen Bernkastel-Kues und Cochem durch Burgen, die auf Talhängen stehen oder in Seitentälern liegen, sowie kleine Städte und Weindörfer geprägt. Der gewundene Flußlauf sowie die Enge des Tals sind der Entwicklung größerer Städte entgegengestanden.
 


 

Um aber zu unserem Standorthotel in Brodenbach am Neckar, nämlich zu dem mir bereits gut bekannten Hotel „Anker“, zu kommen, haben wir von Salzburg bzw. Tirol doch hübsch einige Kilometer zurückzulegen. Die Anfahrt erfolgt wieder über Ottobeuren, dieses seinerzeit im Rahmen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zwar kleine Reichsstift, das aber hinsichtlich der im Stiftsmuseum zu besichtigenden Kunstschätze für uns von großer Bedeutung ist. Nicht nur die prachtvolle barocke Stiftskirche gilt es zu bewundern, auch der beeindruckende Kaisersaal verlangt einen Aufenthalt. Die Zeit vergeht wie im Flug, da es unterwegs viel zu sehen bzw. zu besprechen gibt. Dort aber, wo die Landschaft nicht die größte Aufmerksamkeit erfordert, zeige ich einen Film zur Einstimmung auf das Zielgebiet. Gegen Abend schon können wir durch unseren Ferienort bummeln, an der Mosel Wasservögel füttern oder uns im hoteleigenen Hallenbad tummeln.
 


 

Am nächsten Morgen wird es dann „ernst“. Mit unserem Bus fahren wir nach Bingen, um das „Erlebnis Rheinfähre“ zu genießen. Wann kann nämlich schon jemand aus unserer Gegend mit dem Fährschiff fahren? In wenigen Minuten erreichen wir Rüdesheim, wo noch ein kurzer Bummel angesagt ist. Doch dann beginnt eine Schiffahrt, die hinsichtlich der Erlebnisse wohl kaum zu überbieten ist. Auf Deck oder im voll verglasten Schiffsrestaurant, wo der passende Rheinwein kredenzt wird, genießen wir diese Fahrt, die uns vorbei an unzähligen Burgen und Ruinen rheinabwärts bringt. Über den Bordlautsprecher werden wir über alle Sehenswürdigkeiten informiert und auch über geschichtliche Ereignisse. So werden wir auf das Denkmal hingewiesen, das zu Ehren von Feldmarschall Blücher errichtet worden ist. Nach der siegreich geschlagenen Völkerschlacht von Leipzig ist Blücher in Verfolgung der französischen Truppen unter Napoleon, dem Kaiser der Franzosen, mit der schlesischen Armee an den Rhein vorgedrungen und hat in der Neujahrsnacht zum Jahre 1814 bei Kaub über diesen gesetzt.
 


 

Nicht nur Burgen und Ruinen gilt es im Vorbeifahren zu entdecken, auch liebliche Dörfer mit markanten Kirchen erwecken unsere Aufmerksamkeit. Einen großen Teil der Strecke begleiten uns Weinberge, angelegt auf den steilen Hügeln des Rheintales. Nach einigen Zwischenhalten, bei denen die Fahrmanöver des Schiffes, das ja nur gegen die Strömung anlegen kann, beobachtet werden können, muß auch einmal die interessanteste Schiffahrt enden. In St. Goarshausen gehen wir an Land - unser Fahrer ist schon bereit, um uns mit unserem Bus auf den Loreley-Felsen zu bringen. Was wir zuvor vom Schiff aus haben sehen können, nämlich die Engstelle im Rheintal, können wir jetzt aus der Vogelperspektive betrachten. Hochinteressant, wie reibungslos der durch Verkehrszeichen gesteuerte Schiffsverkehr abläuft. Die schöne Loreley, deren Gesang einst die Schiffe der verzückt lauschenden Besatzung am Felsen zerschellen ließ, hat keine Macht mehr.
 


 

Ganz gemütlich essen wir zu Mittag, bevor wir mit unserem Bus am rechten Rheinufer weiterfahren. Wir stellen fest, daß auch zwischen St. Goarshausen und Koblenz noch genügend zu sehen ist. Dann aber taucht gegenüber dem „Deutschen Eck“, also der Einmündung der Mosel in den Rhein, die gewaltige und noch fast vollständig erhaltene Festung Ehrenbreitstein auf, der wir einen - natürlich friedvollen - Besuch abstatten. Der Blick von der Oberen Terrassenbatterie auf Rhein und Mosel sowie überhaupt auf die ausgedehnt unter uns liegende Großstadt Koblenz ist überwältigend. Wieder einer der Blicke in die Geschichte: Ein Sohn der Stadt ist Fürst Metternich gewesen. Für uns Anlaß genug, um auf den Wiener Kongreß und die österreichische Geschichte bis 1848 zu sprechen zu kommen.
 


 

Am dritten Reisetag geht es über den Hunsrück nach Bernkastel-Kues, in welcher Stadt ein längerer Aufenthalt geradezu Pflicht ist. Fahren wir also vorerst etwa mit dem „Winzerexpreß“ durch die Weinberge oder mit einem Kleinbus zur Burgruine Landshut hoch, um das Moseltal mit dem bezaubernden Städtchen von oben in Augenschein zu nehmen. Dann aber ist ein Bummel durch die lieblichen Gassen mit ihren unzähligen Fachwerkhäusern angesagt. Verweilen wir am Marktplatz mit dem Michaelsbrunnen; vielleicht hat der eine oder andere Gast Lust, sich am Pranger für ein Erinnerungsbild in Ketten legen zu lassen.
 


 

Weiter geht die gemütliche Fahrt moselabwärts, der Blick schweift über die Rebhänge mit Millionen Rebstöcken. Wir passieren kleinere Ansiedlungen, die sich lieblich an die Windungen der Mosel schmiegen. Fast unvermutet taucht die Reichsburg auf, die die Stadt Cochem überragt. Auch hier natürlich ein längerer Halt. Von der ehemaligen Stadtbefestigung sind noch einige Türme erhalten, in der Pfarrkirche St. Martin ist die Reliquienbüste des hl. Martin von besonderer Bedeutung. Und in den engen Gassen zahllose Fachwerkhäuser. Müde von den Besichtigungen erholen wir uns in einem der Straßencafes, von denen aus wir den Schiffsverkehr auf der Mosel beobachten.
 


 

Der dritte volle Tag in dieser traumhaft schönen Gegend führt uns in der Geschichte weit zurück. Der Vormittag ist der Burg Eltz gewidmet, die mit ihren Türmen, Giebeln und Erkern zu den schönsten Burgen Deutschlands zählt. Aber nicht nur von außen ist die Burg ein Juwel; auf der Führung durch die Räumlichkeiten werden uns die Einrichtungsgegenstände in den drei Burgteilen erklärt. Dabei erfahren wir auch, was es mit den drei Burgteilen für eine Bewandtnis hat – das liegt geschichtlich im Wesen der Burg als Ganerbenburg begründet. In der wunderbaren Schatzkammer dürfen wir photographieren und auf diese Weise sogar das Wappen mitnehmen.
 


 

Nach dem romantischen Mittagessen in der Burgtaverne kommt das nächste Erlebnis aus dem Bereich „Geschichte“. Es gilt, im Stiftsmuseum von Treis-Karden einen Bogen zu schlagen von den Kelten im 1. Jahrhundert v. Chr. über die Römerzeit bis zur Glanzzeit des Kardener Kollegiatsstifts, das über Befehl Napoleons zwangsweise aufgelöst worden ist. Wir werden aber nicht nur wissenschaftlich-nüchtern informiert, viele Ausstellungsstücke werden uns zusätzlich auch mit tiefgründigem Humor nahegebracht. So etwa die Geschichte von „Susanne im Bade“, die unter dem Titel „Lügen haben kurze Beine“ laufen kann. Nach der genauso informativen wie kurzweiligen Museumsführung werfen wir noch einen Blick in die Stiftskirche, um Näheres über den bau- und kirchengeschichtlichen Hintergrund zu erfahren.
 


 

Der Tag klingt kulinarisch mit einem Winzerbuffet aus, ist aber noch lange nicht gelaufen. Nach dem Festessen überqueren wir die Moseluferstraße - unser Hotel liegt ja direkt gegenüber der Schiffanlegestelle - und schiffen uns ein. Auf der Mosel geht es auf- und abwärts, bis uns völlige Dunkelheit umfängt. Dann aber ein Feuerwerk vor der Kulisse einer beleuchteten Burg - der romantische Höhepunkt so ereignisreicher aber trotzdem gemütlicher Tage an Rhein und Mosel.

Am letzten Reisetag – es ist der Sonntag mit der Umstellung auf die Normalzeit – müssen wir Abschied nehmen von Brodenbach, doch verkürzen wir uns die Fahrzeit noch mit zwei Naturerlebnissen. Im Hegau, wo wir zu Mittag essen, bestaunen wir die Vulkanberge in ihrer ganz typischen Kegelform, in Schaffhausen stoßen wir wieder auf den Rhein. Wer Lust hat, kann mit mir ein Schiff besteigen und den Rheinfall aus nächster Nähe bewundern, allenfalls sogar den Felsen in der Mitte der sich gischtend hinunterstürzenden Wassermassen erklimmen. Ein krönender Abschluß dieser Reise.
 


 

Was bleibt, ist die Erinnerung an schöne Tage in prachtvoller Landschaft, an Küche und Keller, an die Schiffahrten und an die kulturellen Eindrücke. Mir verständlich, daß meine Stammgäste gerade bei dieser Reise immer wieder dabei sind, können sie doch einerseits die Seele baumeln lassen, andererseits aber doch ein Erlebnis an das andere reihen.