Herrliche Tage in Elbflorenz
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Zehn Jahre nach meinem ersten Dresden-Besuch bin ich also wieder in der sächsischen Hauptstadt. Mit mir kommen über dreißig begeisterte Gäste mit, die das Schöne in und um ‚Elbflorenz’ so richtig genießen wollen. Problemlos fahren wir mit
unserem Tiroler Luxusbus nach Norden, wobei wir auf der Anreise
einerseits über das Verbindende zwischen Tirol und Sachsen plaudern, ich
aber andererseits zur Einstimmung auf das zu Erlebende einen Film über
Dresden zeige. So vergeht die Zeit und auf einmal hält unser Bus in
Dresden vor Pfunds Molkerei, meiner für die Anreise geplanten
Überraschung.
Da ich von der Geschäftsführung eine Ausnahmegenehmigung von dem aus verständlichen Gründen herrschenden Photographierverbot im ‚schönsten Milchladen der Welt’ erhalten habe, darf ich die freundliche junge Dame hinter dem Ladentisch aufnehmen. Der Einstieg in das ‚besondere’ Dresden ist für alle Gäste ein Erlebnis, für mich eine schöne Erinnerung. Zehn Jahre Erfahrung kann ich weitergeben. Nach ausführlicher Verkostung
der Spezialitäten in Pfunds Molkerei fahren wir quer durch die Stadt zu
unserem Hotel, wobei wir bereits einen kleinen Eindruck vom Schönen und
Interessanten, was uns bei der Stadtführung am zweiten Tag erwartet,
bekommen. Am Abend ein wunderbares Buffet, zum Frühstück ebenfalls
Buffet. Feinschmeckerherz, was willst Du mehr, wenn der Tag schon mit
Lachs und Sekt beginnt?
Unsere Stadtführerin Beate
entführt uns zu Beginn der Rundfahrt zum Elbufer, wo sich die Gäste zum
Gruppenbild aufstellen. Dann geht es durch die Außenbezirke der Stadt,
worauf wir dann vom Theaterplatz aus den Rundgang beginnen. Semperoper,
Zwinger, Hofkirche, Schloß, Fürstenzug und Frauenkirche sind dabei nur
einige Stationen.
Von der Brühlschen Terrasse aus
stellen wir fest, daß der Wasserspiegel der Elbe sehr nieder ist. Da für
die kommenden Tage ein weiteres Absinken zu erwarten ist und daher die
für den dritten Reisetag geplante Schiffahrt möglicherweise ‚ins Wasser
fallen’ würde, unternehme ich am Nachmittag mit etlichen Gästen auf
einem Raddampfer eine Elbefahrt, die sich ‚Welterbefahrt’ nennt. Das
Elbtal ist nämlich im Jahre 2oo4 von der Unesco in die
Weltkulturerbe-Liste aufgenommen worden.
Während also etliche Gäste sich
auf der Elbe vergnügen, besuchen einige weitere Museen oder nehmen das
am Vormittag Kennengelernte bei einem Stadtbummel noch genauer in
Augenschein. Auf jeden Fall kommt jeder auf seine Rechnung.
Der dritte Reisetag
führt uns elbaufwärts, zuerst zur Festung Königstein. Da diese Festung
nie erobert und auch nie zerstört worden ist, sind wir natürlich äußerst
neugierig. Unsere Führerin Petra erklärt uns Bau und Geschichte des
Festungswerks. Während wir gespannt lauschen, ziehen drohende
Regenwolken auf, die Fernsicht wird immer schlechter. Im Augenblick
könnte uns aber auch ein Regenguß nichts anhaben – in den Kasematten
sowie den unterirdischen Gängen wären wir im Trockenen.
Bei klarem Wetter bieten sich
aber von der Festung, die auf einem Tafelberg inmitten des
Elbsandsteingebirges thront, einmalige Panoramaausblicke auf die
‚Steine’, also die Tafelberge aus Sandstein, und die ‚Berge’, also die
Erhebungen aus Hartgestein. Etwa 24o Meter unter der Festung schlängelt
sich die Elbe durch. Vielleicht können wir noch vor dem zu erwartenden
Regen auf das rechte Ufer der Elbe hinüber und dann hinauf auf die
Bastei, einen der schönsten Aussichtspunkte Deutschlands. Vor der
Weiterfahrt verwöhnt uns noch unser Fahrer Michael Kunze (‚Micha’) mit
herrlich duftendem Kaffee.
Der Himmel hat also vorerst
seine Schleusen noch nicht geöffnet; auch wenn die Sonne nicht lacht, so
zieht uns doch die grandiose Landschaft in ihren Bann. Jetzt verstehen
wir ganz deutlich, weshalb bereits im Jahre 199o zwei große Teile der
einmaligen Naturlandschaft unter besonderen Schutz gestellt worden sind,
indem sie zu Nationalparks erklärt worden sind.
Nur schwer können wir
uns von diesem Wunderwerk der Natur trennen, immer wieder blicken wir
ins Elbtal hinab oder auf die uns umgebenden steilen Felsen. Auf der 76
m langen und 3 m breiten Basteibrücke, die seit dem Jahre 1851 die 4o m
tiefe Mardertelle überspannt, verweilen wir besonders lange.
Auf dem Rückweg nach Dresden erleben wir dann, was ein richtiger Regen ist. In unserem Bus macht uns das nichts aus, wir freuen uns auf das Abendbuffet. Da der Wasserspiegel der Elbe
nicht weiter gesunken ist, können wir am nächsten Morgen programmgemäß
die Schiffahrt nach Pirna antreten. Ein feines Gefühl, auf einem
nostalgischen Raddampfer ruhig elbaufwärts dahingleiten zu können. Wir
durchforschen das Schiff und dringen in die technischen Geheimnisse ein.
In Pirna müssen wir von unserem
Raddampfer, der ‚Stadt Wehlen’, Abschied nehmen und in unseren Bus
umsteigen. Elbabwärts fahren wir zum Schloß Pillnitz und fühlen uns
während der Wartezeit auf die Schloßparkführung in die Barockzeit
zurückversetzt. Wir spazieren vorerst zur Elbe, wo weit geschwungen und
von steinernen Sphinxen eingefaßt die große Freitreppe vom Elbufer
hinauf zum Wasserpalais führt. Über sie sind einstens Sachsens
Kurfürsten und Könige geschritten, aus Dresden mit Gondeln angereist.
Die Führung durch den Schloßpark
vermittelt uns nicht nur Einblicke in die Botanik, unsere Führerin
erzählt auch über die Geschichte der drei bedeutendsten Bauten.
Wasserpalais, Bergpalais und Neues Palais werden uns nahegebracht - mit
Freud und Leid der Menschen, die sie bewohnt bzw. in ihnen Feste
gefeiert haben. Natürlich besichtigen wir die um das Jahr 179o erbaute
Rote Tritonengondel und eine dendrologische Kostbarkeit, die um das Jahr
178o gepflanzte japanische Kamelie.
Im Schloßpark ist aber nicht nur
die Flora hochinteressant vertreten, auch die Fauna ruft die
Photographen unter uns auf den Plan. Während etwa flinke Eichhörnchen
schwer ‚einzufangen’ sind, begeben sich die Wasservögel, wie etwa die
Mandarinenten, in Positur.
Nach Rückkehr nach Dresden
bietet der späte Nachmittag noch Gelegenheit für einen Spaziergang durch
die Altstadt und insbesondere für einen Besuch des Doms. 2oo Jahre hat
er mit seiner mächtigen Kuppel, steinerne Glocke genannt, das Stadtbild
Dresdens beherrscht. Den Bombenhagel vom 13./14. Februar 1945 hat er
zwar überstanden, ist aber innen ausgebrannt und am 15. Februar 1945 in
sich zusammengestürzt. Jahrzehnte lang hat die düstere Ruine als Mahnmal
in den Himmel geragt, 2o.ooo t Steine sind fein säuberlich sortiert auf
dem Neumarkt gelagert gewesen. 1994 ist dann mit dem Wiederaufbau,
finanziert mit Spenden aus aller Welt, begonnen worden. Am 3o. Oktober
2oo5 ist die zweite Weihe der Kirche erfolgt, nachdem bereits im Sommer
2oo4 Turmhaube und Kuppelkreuz aufgesetzt worden waren. Beeindruckend
das gewaltige Innere des wiedererstandenen 95 m hohen Zentralbaues mit
seiner einerseits würdevollen, andererseits beschwingten Architektur.
Von der Laterne über der Kuppel bietet sich eine einmalige Rundsicht.
Am fünften Reisetag heißt es
Abschied nehmen von ‚Elbflorenz’, dem Elbsandsteingebirge und von den in
der Welt einmaligen Kunstschätzen. Für die Rückreise habe ich zwar eine
Kurzbesichtigung von Regensburg vorgesehen gehabt, aber gerne
umdisponiert, nachdem wir von Schloß Moritzburg bereits eine Stunde vor
der üblichen Öffnungszeit eine Führung zugesagt erhalten haben.
Thematisch paßt die
Schloßbesichtigung bestens zu unserem Programm, hat doch das Liebesleben
August des Starken auch Schloß Moritzburg einbezogen. Sein heutiges
Aussehen hat das inmitten eines künstlichen Teiches gelegene Schloß
unter diesem Landesherrn bekommen. Die Anlage mit ihren vier Prunksälen
und über 2oo Räumen ist bis heute unverändert geblieben. Teile des
Schlosses sind als Museum zugänglich, wobei zu den Kostbarkeiten die
Ledertapeten, die Sammlung der Rothirschgeweihe und das Federzimmer
zählen.
Beeindruckt von dem abschließenden Erlebnis treten wir die Rückreise nach Tirol an, wissend, daß wir in nur fünf Tagen zwar viel gesehen und erlebt haben, daß wir aber ohne Hast und Eile unterwegs gewesen sind. Frohgelaunt kehren wir also alle in unsere Ausgangsorte zurück. |